Diese Folge ist dank Sylvio Konkol von spielkritik.com wiederhergestellt. Vielen herzlichen Dank dafür!
Grand Theft Auto V ist nach wie vor ein Titel, der polarisiert. Zwischen spitzfindiger Satire und der Reproduktion sexistischer Stereotype ist das meistverkaufteste Spiel aller Zeiten zu finden. Es erlaubt uns zynischen Spaß frei von Konsequenzen in einer Metropole, die von kapitalistischer Logik durchzogen ist. Im Anschluss an Rainer Sigl gehen wir der Frage nach, ob die Satire, als die GTA V gemeinhin verstanden wird, eine gelungen oder eben überhaupt eine ist.
Außerdem geht es um die Implementierung eines Skip-Buttons für Bosskämpfe, Uncharted 3 und Peter Licht.
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Inhalt:
00:00:00 – 00:15:34 Spielewoche
00:15:34 – 01:11:07 Presseschau
01:11:07 – 02:06:27 Thema der Woche
02:06:27 – 02:10:06 Hörerkommentare
Shownotes:
- 20 Jahre Grand Theft Auto – Männerkitsch (Rainer Sigl)
- Now Ubi’s opened the door, can we have our “Skip Boss Fight” button? (John Walker)
- When is exclusion a valid design choice? (Ben Kuchera)
- Das kapitalistischste Medium (Matthias Kreienbrink)
Hi Sophie, Stefan und Tobi,
Ich möchte mich, auch auf die Gefahr hin relativ redundant zu sein, an der Diskussion um die Schwierigkeit beteiligen.
Zuerst einmal ob Kunst exklusiv ist, ist in erster Linie eine Entscheidung des Künstlers. Ich finde nicht, dass Spieler das Recht haben sollten einen bestimmten Schwierigkeitsgrad zu verlangen (weder in die eine noch in die andere Richtung).
Wenn es sie gibt ok aber wenn nicht eben auch ok. Der bzw. die Hersteller eines Spiels wollen ja eine Erfahrung vermitteln und wie sie das tun sollte komplett Ihnen überlassen sein.
Am Beispiel Bloodborn: Das spiel zieht seinen Reiz meiner Meinung nach aus seinen Belohnungsmomenten. Und die fühlen sich eben nur dann wirklich belohnend an, wenn ich sie mir erarbeiten muss.
Bei Firwatch oder Journey zum Beispiel wäre eine hohe Herausforderung völlig absurd, weil die Erfahrung nicht einem ich habe es geschafft basiert sondern eher aus einem ich habe es erlebt. (Ich weis es gerade nicht besser auszudrücken)
Und ja ich finde Kunst darf exklusiv sein. Ist sie schließlich häufig schon durch die Sprachbarriere.
Hier möchte ich als Beispiel gerne den Anime Markt bringen.
In Japan erscheinen alle drei Monate 30 bis ca. 70 neue Anime. Da ich aber kein japanisch kann, kann ich nur die sehen die entweder in Deutschland lizensiert oder von Fans übersetzt werden. Von dem Rest bin ich halt ausgeschlossen.
Im Schluss also, wenn ich ein Spiel nicht schaffe, weil ich nicht die Zeit und Lust habe, mich in seine Mechanik einzuarbeiten (ich könnte schließlich auch japanisch lernen), dann kann ich es halt nicht durch spielen. Das kann man bedauern aber auf keinen Fall kann man verlangen, dass das Spiel für einen selbst geändert wird.
(Ich möchte hier nicht unterstellen, dass das einer von euch getan hätte)
Zu den Cheats. Der Grund den ich kenne, warum fast kein Spiel mehr cheats benutzt ist, weil man sich damit zu leicht die Trophäen „erschleichen“ könnte. Aber das kann auch andere und mehr Gründe haben die ich nicht kenne.
Für Arcade Automaten gab es, meines Wissens nach, ja auch keine cheats.
Ich denke das macht meinen Punkt relativ deutlich.
In meinen Augen sind die angeboten Schwierigkeitsgrade eine Entscheidung der Entwickler und so sollte es auch bleiben. Eine Abwertung wegen z.B. Fehlender Schwierigkeitsgrade fände ich ein Unding.
Eine wegen „es ist zu schwer“ auf der anderen Seite ist gut begründet legitim. Allerdings nur ohne die Forderung es leichter zu machen.
Um das zu verdeutlichen. Zu sagen es bekommt von mir eine 40 weil es mir zu schwer war und dadurch meine Erfahrung nur aus Frust bestand ist ok. Aber zu sagen es muss leichter werden weil es mich ausschließt und ich seine Erfahrung nicht machen kann ist meiner Meinung nach falsch und geradezu überheblich. Diesen Anspruch das zu verlangen hat einfach niemand.
Man kann maximal sagen ich wünsche mir, dass es leichter wird damit ich es mehr genießen kann. Da ist immer der Wunsch das eine aber ein Anspruchsdenken dahingehend halte ich für falsch. Ich möchte auch hier explizit nicht unterstellen das einer von euch dieses Anspruchsdenken geäußert hätte. Wäre mir nämlich so nicht aufgefallen. Und Wünsche darf jeder äussern. ^^
Zum Schluss noch ein persönliches Anliegen an Sophie wegen Bloodborn.
Lass dich bitte nicht von den vielen, es ist so schwer!111, Stimmen vom Spielen abhalten. Das Gefühl einen Boss gelegt zu haben, an dem man vorher gescheitert ist, ist einmalig gut.
Auch sind die Souls/Born Titel kernmechanisch gesehen eher Rhythmus spiele. Und die spielst du, wenn ich das jetzt nicht verwechsle, ja recht gern.
Ich würde sogar sagen, wenn es dir zu anstrengend ist die patterns eines Bosses selbst zu lernen und zu erkunden, ist es völlig legitim, sich den Boss vorher in einem let’s Play anzuschauen. Da wird man dann auch nicht mehr so von seinen bösartigeren Angriffen überrascht. Und wenn man eine gute Strategie gegen einen Gegner sucht, bieten sich meines Erachtens nach speedruns sehr gut an. Selbst wenn man die Taktik erheblich schlechter umsetzt als der Runner(der es meistens stundenlang geübt hat und damit nahezu fehlerlos beherrscht) ist man damit recht schnell erfolgreich.
Das sage ich hier, weil ich sehr große Fan der Souls/Born Titel bin und mich über jeden freue, der Ihnen eine faire Chance gibt.
Und so schwer sind sie auch nicht. Wenn man genügend Energie hat und ausreichend Heil-Items mitnimmt sind alle Situationen gut zu meistern, wenn man sie nicht völlig blind spielt. Was man spätestens beim jeweils zweiten Versuch ja nicht mehr tut.
Es gibt ein paar Stellen an denen man, wenn man ohne Vorwissen spielt, zwangsläufig stirbt aber das ist auch nicht wirklich schlimm. Die Bestrafung für den Tot ist in Bloodborn nicht sehr groß. Selbst wenn man ein oder zwei Millionen Echos verliert hat man dadurch kaum einen Nachteil. Zur Not kann man ja immer Farmen, wenn man den Eindruck hat nicht stark genug für einen Abschnitt zu sein.
Sorry für den langen Text.
Ich höre euren Podcast sehr gerne, macht bitte weiter so! ^^
Mit freundlichen Grüßen
Stefan (der andere 😉 )
Zuerst die üblichen Lobesfloskeln und meinen tief empfundene – ernst gemeinten – Dank für das Format Pixeldiskurs als Forum für eine Diskussion über das Medium Videospiel, welche sich nicht in reinen Meinungsbekundungen erschöpft, sondern diese argumentativ – und meist theoriegeleitet – rahmt. Soviel dazu.
Nun also zur Diskussion über die Exklusivität von Kunst mittels des Schwierigkeitsgrads – als mechanisch, parametergebundenem Hemmnis – bezüglich ihrer Rezeption: Dabei möchte ich zuerst noch die Frage ergänzen, wann von Kunst als Klassifikation eines Einzelwerkes gesprochen werden kann? Für mein Argument ersetzte ich nachfolgend den Kunst- durch den Werkbegriff, da ersterer ein schwer definierbares Feld darstellt, dessen Unschärfen ich mich gar nicht erst aussetzen möchte. Deshalb nun also der Begriff des Werkes, welcher sich nun aus einer Doppelfunktion konstituiert. Dies wären die primäre Evokation eines Rezeptionsprozesses, gepaart mit der – belegten – Möglichkeit disparate Interpretationen des Werkes zu erlauben.
Folglich läge die Trennung der Werke von Produkten – aus einer Rezeptionsperspektive – als nächster Schritt nahe. Produkte suspendieren nun das Moment der Rezeption mittels ihrer Erschöpfung im reinen Konsum. Beispielsweise richtet sich ein ‚Crysis‘ an eine Zielgruppe von PC-Spielinstanzen, denen die technische Brillanz im Markt fehlte. ‚Crysis‘ klinisch-sterile art direction findet keinen diegetischen Ankerpunkt und dient in ihrer gesamten Komposition bloß der augenfälligen Darstellung grafischer Opulenz. Ebenso das – suggeriert – komplexe ludische Design des Spiels, welches sich gegen die Konkurrenz der – meist konsolenoptimierten – Videospiele abgrenzte. Als Produkt bedient ‚Crysis‘ den Wunsch im PC-Markt nach einer Befriedigung des Gefühls, eine Elite darzustellen, die sich über die technische Überlegenheit ihrer medialen Vermittlungseinheit konstituiert.
Selbstverständlich müsste ich nun meine Interpretation von ‚Crysis‘ darlegen und belegen, weshalb ich andere Lesarten des Textes als nicht stringent definiere, hab dafür allerdings einfach nicht die Zeit und den Atem. Entscheidend für mein weiteres Vorgehen ist an dieser Stelle, die Unterscheidung in Werk und Produkt, wobei letztere sich der Rezeption zu entziehen gedenken, indem sie sich im Moment des Konsums erschöpfen. Solcherlei Titel erscheinen nun per se exklusiv, weil sie auf eine spezifische Zielgruppe hin optimiert sind.
Damit gleichen solche Videospiele einem Sportwagen: Nicht jede Person kann ihn sich leisten – ökonomische Exklusivität – und nicht jeder kann – gelegentlich will – einen solchen fahren. Aus verschiedensten Gründen. Nun wäre ich bei einer generellen Kritik des kapitalistischen Produktbegriffs angekommen, welche an dieser Stelle zu weit führen würde.
Dagegen steht das Werk, das erst einmal jeder Rezeptionsinstanz zugänglich sein sollte, die sich mit ihm auseinanderzusetzen gedenkt. Hier muss ich nun Stefan widersprechen, denn Kubricks ‚2001: Odyssee im Weltraum‘ kann ich mir sehr wohl unter einem Konsumgesichtspunkt anschauen. Ich kann mich an den inszenatorischen Leistungen ergötzen und die Erzählung grundlegend lesen – im weiteren Sinn. Selbstverständlich erschöpfe ich damit keinesfalls das interpretative Potenzial, kann auf diese allerdings in der weiteren Rezeption weiterhin Zugriff nehmen.
Im Fall des Mediums Videospiel, kann ich jedoch nicht das Werk komplett rezipieren, sobald eine ludische Schranke den Fortgang dieses Prozesses verhindert, statt die Interaktion der virtuell generierten Welt mit der Spielinstanz zu nutzen, schließt diese von der weiteren Rezeption aus. Deshalb stimme ich zu, dass Werke – meinetwegen Kunst – aus einer rezeptiven Perspektive zwar exklusiv sein dürfen – wie die Gefahr der gewaltsamen Konfrontation in ‚Bloodborn‘ – nicht aber innerhalb dieses basalen Prozesses.
Der Kommentar der Person vor mir referierte auf die Sprachbarriere als Exklusionsmechanismus für Werke im allgemeinen, was auf den ersten Blick durchaus plausibel klingt. Allerdings zielt das erlernen einer Sprache in den Raum der Vorbedingung, um das Werk – medienunabhängig – überhaupt rezipieren zu können. Damit schließt es zwar Personengruppen aus, jedoch von der Rezeption als Gesamtprozess und nicht durch Negation im Verlauf des Prozesses.
Zwar ließe sich nun erwidern, dass auch ludische Hindernisse mittels Lernprozessen zu meistern sind und dem ist nichts entgegen zu setzen. Natürlich lerne ich als Spielinstanz mit einer Situation umzugehen, bis meine Interaktion den gewünschten Effekt hervorruft und das Spiel – ob Erzählung oder nicht – fortsetzt. Dennoch möchte ich an dieser Stelle einschränken, schließlich könnte das gleiche Argument für die Sprachbarriere gelten: Nun ist es aber so, dass Sprache ein kohärentes Hindernis darstellt. Ich kann Probleme mit Dialekten oder der Sprechgeschwindigkeit oder Merkmalen gesprochener Sprache haben, aber wenn ich erst einmal die Grundlagen der Sprache beherrschen, kann ich das Werk rezipieren – auf einer grundlegenden Ebene.
Die ludische Ebene eines Videospiels hingegen umfasst eine Bandbreite an Mechaniken, deren nur eine nicht beherrscht werden muss und plötzlich ist die Rezeption nicht weiter möglich. Zumal die meisten Mechaniken – an solch schwierigen Abschnitten – miteinander korrelieren, wodurch nicht bloß die Probleme einer Mechanik vorliegt, sondern diese sich sogar noch potenzieren. Der Toleranzbereich ist somit niedriger.
Des Weiteren findet sich für die Sprachbarriere die Möglichkeit – bei nicht Erlernen der Sprache – der Übersetzung, welche diverse Werke zugänglich macht, indem sie in weitere Sprachen übertragen werden. Natürlich bleiben dabei viele Werke – nicht Produkte, anders Thema – außen vor, was allerdings an den Ressourcen liegt, die eine Übersetzung verschlingt, womit ich sowohl auf Ökonomische, als auch die der Zeit referiere. Ergo, muss nicht jedes Werke eine Übersetzung erhalten, aber dies wird längst nicht so kategorisch abgelehnt, wie bei ihrem ludischen Counterpart.
Nicht jedes Videospiel wird eine solche Lösung zur Eliminierung ludischer Exklusionsmomente implementieren, allerdings verstehe ich – beim besten Willen – nicht das Problem mit der bloßen Möglichkeit dies anzubieten. Und das primäre Ziel wären dafür selbstverständlich Titel mit einer breiten Wirkung in der Öffentlichkeit, weil diese eine potenziell größere Schnittmenge sozialer Interaktion auf sich vereinen. Also können Werke – oder Kunst – exklusiv sein, müssen es jedoch nicht.
Abschließend noch ein Wort zur Intention der Autoreninstanz: Kann eine valide Näherungsweise sein. Ebenso gut kann ich mich auf Roland Barthes berufen, den Tod der Autoreninstanz postulieren und das jeweilige Werke als solches begreifen. Eine Frage der Theorie.
Finale: Ich weiß, dass auch ich die Weisheit nicht mit…na Sie wissen schon. Deshalb halte ich meine Argumente nicht für die einzig stringenten oder wahren, sondern versuche bloß meinen Betrag zu einem gesunden Diskurs zu leisten. Gerne diskutiere ich weiter und entschuldige mich bereits im Voraus für mögliche – und wahrscheinlich – Inkonsistenzen.
Sollte ich eine Person angegriffen haben, tut es mir Leid.
Grüße
Jan-Ole
P.S.: Ist nicht Korrektur gelesen, sonst würde ich den Kommentar niemals absenden.
Hi Jan,
Wie du wahrscheinlich an meiner Ausdrucksweise merkst, bewege ich mich nicht in einem Akademischen Umfeld. Es fällt mir entsprechend schwer deinen Text zu lesen. Das soll keine Kritik sein, sondern eine vorab Entschuldigung falls ich etwas falsch verstanden habe.
Ich möchte zu zwei Punkten etwas anmerken. Einmal zu „Die ludische Ebene eines Videospiels hingegen umfasst eine Bandbreite an Mechaniken, deren nur eine nicht beherrscht werden muss und plötzlich ist die Rezeption nicht weiter möglich.“.
Du relativierst das zwar ein wenig mit dem Nachsatz aber grundsätzlich möchte ich dem widersprechen. Zum Beispiel bei GTA gibt es unzählige Mechaniken im Spiel, von denen ich nur sehr wenige beherrschen muss im der Handlung des Spiels zu folgen. Wobei ich hier die ganzen Nebenbeschäftigungen für den Spieler, zwar als Teil des Werkes, jedoch nicht als unbedingt notwendig für eine Rezeption betrachte. Ein weiteres Beispiel ist meiner Meinung nach Skyrim. Auch in dem Spiel kann ich die ganzen Nebenmechaniken (Alchemie, Schmieden, Zauberei etc.) völlig ignorieren und in diesem Fall sogar das gesamte Spiel sehen. Eine Kampfertigkeit reicht dazu vollkommen. Ein Gegenbeispiel dazu wäre Dark Souls. Hier hast du recht. Auf Dauer muss ich, gerade ab NG+++, alle mir zur Verfügung stehenden Mittel nutzen wenn die Erfahrung nicht zu einem Frustfest werden soll. Also trifft dieser Punkt meiner Ansicht nach nicht allgemein zu sondern ist sehr vom Spiel abhängig.
Und zweitens zu „Abschließend noch ein Wort zur Intention der Autoreninstanz: Kann eine valide Näherungsweise sein. Ebenso gut kann ich mich auf Roland Barthes berufen, den Tod der Autoreninstanz postulieren und das jeweilige Werke als solches begreifen. Eine Frage der Theorie.“.
Das bezieht sich rein auf die Rezeption eines Werkes und in der Hinsicht stimme ich dem völlig zu.
Aber ich gehe ja z.B. auch nicht zu einem Maler und sage: „mach da mal noch ein wenig grün mit rein, weil mir das besser gefallen würde.“, sondern ich nehme das Werk, so wie es geschaffen wurde und bewerte es, so wie ich es wahrnehme. Und dieses Recht der Gestaltung eines Werkes liegt meiner Meinung nach ausschließlich beim Ersteller des Werkes.
Deine restlichen Punkte finde ich sehr valide und muss sie erst einmal gründlicher überdenken. Danke für die Denkanreize an dieser Stelle.
Auch ich möcht natürlich niemanden mit meinen Aussagen verletzen, finde die Disskusson aber gerade zu interessant um nichts zu schreiben. ^^
Mit freundlichen Grüßen
Stefan
Eigentlich präferiere ich es ja, die Kommentare direkt mit in die Sendung zu nehmen, um dann nochmal darüber zu sprechen. Das werde ich bestimmt auch tun – vielleicht mit einigen Kürzungen. Aber es freut mich so sehr, eure Diskussion zu verfolgen, dass ich mich doch auch gern zu Wort melden mag.
In vielerlei Hinsicht stimme ich nämlich sowohl dir, Namensgefährte Stefan, als auch Jan-Ole zu. Und ich finde den bisherigen Zwischenstand der Diskussion ausgesprochen interessant, weil er uns zu der Frage führt: Wer hat eigentlich das Recht, den Anspruch zu erheben, Spiele müssten so oder so gestaltet sein? Und für die vorliegende Frage hat Jan-Ole auch schon die notwendige Distinktion eingeführt: die zwischen (Kunst-)Werk und Konsumprodukt. Das Spiele meist beides zugleich sind, macht die Distinktion zwar erstmal nur heuristisch praktikabel, aber sie kann uns zum Verständnis nutzen, wie ich finde.
Meine Position ist, wie im Cast dargelegt, dass Spiele als Kunstwerke genau dann exklusiv sein dürfen, wenn ihre Exklusivität ein zentraler Aspekt des Werkes selbst ist. Nicht jede Kunst ist für jeden Menschen und das ist auch okay so. Ich sehe das Problem in der Analogie zu Stanley Kubrick, das Jan-Ole aufzeigt, finde aber doch, dass sie veranschaulicht, warum die Exklusivität eines Werkes selbigem zugute kommen kann. Die Frage, ob nun eine Person den Film bis zu den Credits schauen kann oder nicht, scheint mir weniger relevant als die Frage, ob nicht ein Unterschied besteht zwischen dem Film, wie er ist und einer leichter zugänglichen Version; beispielsweise in Form eines erklärenden Voice-Overs.
Um das Ganze nochmal zu veranschaulichen, ein weiteres Beispiel: Gegenwärtig höre ich liebend gern eine sehr vertrackte Platte; sehr intensiver Math-Core mit viel Geschrei und flirrenden Gitarren. Jeder Person ist es theoretisch möglich, die Platte vom ersten bis zum letzten Stück anzuhören, insofern ihr Nervenkostüm es zulässt. Die eigentlich interessante Frage für mich ist aber, welche Auswirkungen die Forderung hätte, die Platte sozusagen in einer ‚Easy Listening‘-Version zu veröffentlichen – ohne Verzerrung und Geschrei.
Ebenso wie bei Spielen erscheint es mir hier der Fall, dass das Ergebnis ein völlig anderes wäre. Und das ist okay, denn wie Tobi im Cast herausstellt, unterscheiden sich unsere Erfahrungen diesbezüglich ohnehin stark. Und ich persönlich finde einen solchen Ansatz sogar gut, denn es ist mir wichtig, möglichst vielen Menschen eine breite Palette ästhetischer Erfahrungen zugänglich zu machen. Aber ich finde, es lässt sich im Umkehrschluss nicht ableiten, dass die jeweiligen Künstler dazu verpflichtet wären, ihre Kunst zugänglich zu machen. Wenn sie es wollen und es mit ihrem Anspruch kompatibel ist, dann erscheint mir das absolut lobenswert. Wenn aber From Software beispielsweise auf Abstufungen im Schwierigkeitsgrad verzichtet, weil es der Vorstellung ihres Werkes und der Art und Weise, was es vom Spieler verlangt, nicht entspricht, dann finde ich das ebenso in Ordnung.
Bei Gelegenheit mache ich mir über die Sache vielleicht nochmal etwas ausführlicher Gedanken und verfasse einen Artikel, um meine Position herauszuarbeiten. Unterdessen grüble ich darüber, wie ich die (hervorragende!) Diskussion hier wohl im Podcast aufgreifen kann. Denn liebend gern möchte ich euren Positionen Gehör verschaffen, finden sie sich hier doch bereits so präsentabel artikuliert.
Herzlichst,
Stefan (nicht der andere)
Wie die beiden Vorredner (Vorschreiber?) vor mir möchte auch ich etwas zum Thema Schwierigkeitsgrad sagen. Ich bin jemand, der in den meisten Fällen Spiele im normalen Schwierigkeitsgrad durchspielt. Denn mir erscheint dies immer als der Weg in dem Gameplaymechaniken, Leveldesign und Geschichte in der Balance vorhanden sind, die sich der Entwickler vorgestellt hat. Nun ist es aber so, dass ich in Ego- und Third-Person-Shootern eine Nullpe bin. Trotzdem gibt es natürlich auch Spiele dieses Genres die mich dennoch reizen. Ein Bioshock zum Beispiel. Hier sorgt ein einfacher Schwierigkeitsgrad dafür, dass ich die Geschichte trotz allem erleben kann, denn in dem Fall trägt der Schwierigkeitsgrad ja auch nicht unbedingt zum besseren Verständnis der Geschichte bei. Grob gesagt funktioniert ja die Geschichte eines Bioshock Infinite erst einmal auch ohne die Shootermechanik. Da sehe ich einen klaren Vorteil in variierenden Schwierigkeiten.
Ohne es selbst wirklich intensiv gespielt zu haben, gibt es aber auch Spiele wie die Souls-Spiele, in denen der hohe Anspruch an mich als Spieler dazugehört. Eben weil es in der Welt begründet ist. Die Welt von Dark Souls ist eine düstere, lebensgefährliche Welt und das zeigt sich dann eben auch im Schwierigkeitsgrad. Und das ist vollkommen ok.
Was für mich viel störender ist, ist das elitäre Gehabe mancher Spieler, die sich dadurch profilieren wollen, dass sie Spiele immer nur auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad spielen und ja eigentlich auch deshalb die besseren Gamer sind. Und das ist blödsinn. Trotzdem geht mir die Diskussion viel zu oft in diese Richtung.
Ich fand das Beispiel, dass man ein Buch mit einer komplexen Handlung ja auch nicht einfach simpler gestalten könne, etwas schwierig, da ich nicht weiß wie die Simplifizierung gemeint ist. Meint es die Vereinfachung der Geschichte, dann stimme ich dem zu. Geht es aber um sprachliche Vereinfachung, dann kann ich dem nicht zustimmen. Schließlich gibt es ja auch die Einfache Sprache, die es Menschen ermöglicht Texte, vorzugsweise in bürokratischen Angelegenheiten, besser verständlich darzubieten. Und sollte dies auch in der Literatur Einzug erhalten, wäre dies ja nicht der Intention des Schriftstellers an sich entgegenstellend. Auch wenn mir natürlich klar ist, dass sich der Autor genaue Gedanken darüber macht warum er/sie so schreibt wie er/sie schreibt.
Zum Schluss noch eine kleine Anmerkung zum Thema GTA und Satire. Ich habe auch den Text von Rainer Sigl gelesen und fand ihn sehr passend. Was nicht heißen soll das ich allem zustimme, aber spricht Aspekte an die ich auch kritisieren würde. Ob eine Satire gut ist oder nicht, lässt sich, finde ich, nur schwer an einzelnen Aspekten des Spiels festmachen. Denn sobald ich etwas alleinstehend betrachte, fehlt mir oftmals der Kontext, egal wie sehr ich bemüht bin ihn einzupflegen. Und generell hat GTA bei mir eine sehr hohe Hit or Miss-Rate.
Mir geht es eher um die Diskussion Männerkitsch, denn für mich ist GTA kein Männerkitsch, sondern Pubertierendenkitsch. Das Spiel gibt dir die Möglichkeit alles zu tun, gutes wie böses, du kannst dich an die Regeln halten oder sie brechen und das Spiel macht dir unmissverständlich klar, dass du sie brechen sollst. Nicht nur weil du einen Gangster spielst. Und das spricht, meines Erachtens nach eher Jugendliche als Erwachsene an. Und in dem Zusammenhang ist eine Frage nach der Wirkung von Satire und der Frage, an wen wendet sich GTA durchaus gerechtfertigt.
Erst einmal freue ich mich überhaupt eine derart ausführliche Antwort zu bekommen, die sich auf Argumente beruft und nicht die eigenen Geschmacksurteile zum allgemeinen Standard erhebt. (Ist mir leider schon mehr als einmal passiert.) Deshalb Danke dafür!
Darüber hinaus muss niemand aus dem akademischen Umfeld kommen, um berechtigte Kritik an den Argumenten einer Diskussion vorzubringen. Ansonsten schreibe ich einfach auf diese Weise, damit möchte ich keine Person verunsichern oder ausschließen. (Nicht das ich dich so verstanden habe.) Immer diese Entschuldigungen, aber wir alle kennen – denke ich – das Internet.
Also endlich inhaltlich: Natürlich ist nicht jede inkorporierte Mechanik eines Videospiels unmittelbar mit seiner Erzählung verbunden und fallen aus diesem Grund in die zweite Kategorie meines Arguments. Diese umfasst diejenigen Elemente eines Werkes, die im Rezeptionsprozess eine spezielle Interpretation verhindern, wie beispielsweise der discours von ‚2001: Odyssee im Weltraum‘. Innerhalb der Erzählung ist gerade der Schnitt sowie die Konnotation – Beispiel Phallus-Symbole – der Objekte der mise-en-scne in Relation zum Raum der Diegese überaus fruchtbar für Interpretation. Allerdings kann diese eben nicht durch das bloße Anschauen bewältigt werden.
Mein Punkt zielte jedoch vielmehr auf die Verknüpfung mehrerer Mechaniken als Progressionshindernis ab. Auch in einem ‚Grand Theft Auto‘ muss die Spielinstanz mindestens das Steuern von Vehikeln sowie die Schussmechanik beherrschen, meist werden beide – so in den ersten Missionen des fünften Teils – für einzelne histoire-Elemente – verpackt in Missionen – verwoben. Beherrsche ich nun das Schießen nicht besonders gut – wofür es tausend und einen Grund geben kann – kann die Erzählung nicht fortfahren, selbst wenn die nachfolgende Sequenz einer Verfolgungsjagd wieder leicht von der Hand geht.
Außerdem liegt noch das jeweilige Bewegungssystem vor: ‚Just Cause 3‘ verwendet eine Eingabelatenz, was in einer Trägheit der Steuerung resultiert, die endlich ebenfalls eine Barriere generieren kann. Es ist eine Grundlagenebene, die bei naheliegenden Medien nicht vorhanden ist.
Ja, ein Film kann eine äußerst lange erzählte Zeit haben, bei der die Ereignishaftigkeit über lange Strecken – chronologisch – suspendiert und durch expositionales Geschehen suspendiert wird. Dennoch verhindert keine motorisch-koordinatorische Schwäche meiner selbst potenziell mein Fortkommen innerhalb der Erzählung, sondern andere Faktoren – darunter zuvörderst der Geschmack.
Bei einer größeren Zahl potenziell exklusiver Variablen, muss eben den neuen Variablen mit neuen Konzepten begegnet werden. Im erwähnten Artikel Walkers, zieht dieser das Vor- und Rückspulen bei Filmen als Vergleich heran, damit votiere ich nicht zwingend für eine solche Funktion in Videospielen, sondern bloß für die Erkenntnis, dass die grundlegendste Möglichkeit zur Rezeption eben gewahrt werden sollte. Erst die Komplexität – nicht Komplikation – ebendieser sollte erneut Exklusivität generieren.
Beim zweiten Punkt des zweiten Stefans in dieser Runde liegt – so scheint es mir – ein Missverständnis vor: Mir ging es hier um die Unterstreichung meines Arguments in Relation zu dessen barthschen Ansatz. Natürlich darf eine Autoreninstanz – mit diesem Begriff fasste ich eine mögliche Gruppe ein – ihr Werk so gestalten, wie es ihr Wunsch ist, dass spreche ich damit niemandem ab. Darin liegt, glaube ich, auch ein Missverständnis dieser Diskussion im Allgemeinen.
Es geht nämlich nicht darum, dass jedes Videospiel nun mit Schwierigkeitsgraden, Möglichkeiten zur Aussparung ludischer Problemstellen oder ähnlichem auszustatten ist. Werke dürfen natürlich exklusiv sein. Wichtiger erscheint mir die Frage, ob dies auch sinnvoller Weise der Fall sein muss.
Hat diese Exklusivität einen Mehrwert innerhalb der Rezeption eines Werkes? Wie ich ihn beispielsweise einem ‚Bloodborn‘ zusprechen würde.
Ist deshalb für sämtliche Videospiele eine inklusivere Gestaltung – unter dem Beharren auf einem vermeintlichen Elitenstatus – rundheraus abzulehnen? Muss die – ohnehin derart heterogene – Gruppe der Videospieler_innen wirklich stets zetern: „Get out of our tree-house!“
Somit an dieser Stell noch einmal ein klares Wort: Ich bin ganz bei Stefan – ersterem – wenn er feststellt, Werke dürfen exklusiv sein, aber eben nur unter der Einschränkung, dass dies einen Mehrwert für die Rezeption bietet und eben nicht ein Hindernis ebenjener darstellt, weil es eine – an diesem Punkt schlichtweg unsinnige – Konvention ist.
Leider habe ich meinen alten Fehler wiederholt und aus reiner Begeisterung meine Antwort auf den Kommentar von Stefan verfasst, bevor ich den von Herrn Stefan Heinrich Simond – das verleiht gleich eine gewisse Autorität, oder? – gelesen habe. Aber ich möchte dennoch nicht alles löschen, weshalb ich mich nun auf Antwortblöcke verlege.
Herr Stefan Heinrich Simond – ich kann es nicht anders sagen – weist auf ein spannendes Moment hin, denn bisher fehlte der Diskussion tatsächlich eine klare Definition des ‚vollständigen Erlebens‘ eines Werkes. Reicht der Credit-Roll bei einem Film dafür aus? Ich würde sagen ja, gerade weil die Produktkomponente auch (Kunst-)Werken inhärent ist und an dieser Stelle bewusst der Konsum als Produkt gewählt wird. Konsum ist damit eine – nennen wir es einmal nicht reflexive – Form der Rezeption, die eben nicht die interpretativ-rezeptiven Potenziale eines Werkes ausschöpft.
Mittels ihrer ludischen Ebene können Videospiele – wie zuvor bereits angesprochen – jedoch das Erreichen eines finiten Endpunktes verhindern, indem sie auf Fähigkeiten rekurriert, die nicht zwingend als konventionell erwartbar vorauszusetzen sind.
Dadurch würde ich, innerhalb meines theoretischen Arguments, durchaus postulieren, dass es bei der erwähnten Platte ausreicht, sie einmal komplett – über die Länge sämtliche Tracks – anhören zu können. Das Nervenkostüm verbinde ich dabei direkt mit dem Geschmacksurteil, also die bewusste Entscheidung etwas als nicht-schön bzw. nicht-erstrebenswert einzustufen und es deshalb nicht zu rezipieren. Beherrscht die Spielinstanz allerdings die Relation von Bewegung auf dem Schlachtfeld, Schussmechanik, Feindortung und – interpretation (in interaktiver Form) nicht, sehe ich diese Verbindung nicht zwingend.
Selbstverständlich gibt es Titel wie ‚Bloodborn‘, die aus diesem Aspekt eine Mehrwert der Rezeption generieren, aber dabei handelt es sich nicht um eine generelle Gesetzmäßigkeit. ‚Bloodborn‘ arbeitet sich zum Beispiel am Motiv der Wertschätzung von Leben – sowie dessen Definition – ab, wodurch die Möglichkeit das eigene Leben recht einfach zu verlieren eine ludische Rückkopplung dieses Motivs darstellt. Welchen Wert hat der Verlust des Lebens im Angesicht der eigenen Unsterblichkeit, da die Spielfigur stets im Traum des Jägers wiederhergestellt wird.
Solcherlei interpretativen Fragen ergeben sich aus dem ludonarrativen Moment der Erzählung – und teilweise der Diegesen-Genese.
Für ein ‚Uncharted 3: Drake’s Deception‘ gilt dies nicht. Die Erzählung kommuniziert die heldenhafte Funktion des Protagonisten an die Spielinstanz, weshalb eigentlich eine Gefühl der ironisierten Übermacht evoziert werden soll. Dazu muss jedoch die Möglichkeit zur Anpassung an die Fähigkeiten der Spielinstanz gegeben sein. Erneut wäre mein Votum, dass Werke exklusiv sein dürfen, es aber nicht kategorisch sein müssen.
An Lenny äußere ich schlichtweg Dank für die Teilnahme an der Diskussion sowie sein strukturiertes Argument. Allerdings habe ich dazu nicht viel mehr zu sagen, als ich es ohnehin bereits getan habe. Abgesehen von der Bemerkung über Satire, hier sehe ich es durchaus als Möglichkeit einer Distinktion nach der rezeptiven Tiefe an.
‚Grand Theft Auto‘ – um einmal Jochen Gebauer zu zitieren – „states the bloody obvious!“ Es gibt keine Rezeptionsebene über den literalen Text hinaus und mittels des fehlenden Subtextes besteht schlechterdings keine Möglichkeit mehr, den Text gewinnbringend in einen Kontext zu setzen.
Beispiel Life Invader innerhalb des fünften Serienteils: Das Unternehmen ist eine Persiflage auf Facebook und stellt dessen Führungsfiguren als egozentrische, arrogante Idioten dar, die an den nackten Zahlen der Bilanz mehr Interesse zeigen als an den Konsument_innen. Es trifft – ganz literal – die Aussage, Tech-Unternehmen interessiere es stärker eine Marke und ein Image zu verkaufen, statt dem Produkt, das am besten für die Konsument_innen wäre. Außerdem ist Facebook eine Datenkrake. Gegenfrage: Wer wusste das noch nicht?
Als Satire weist ‚Grand Theft Auto‘ nicht auf Missstände hin, die von der Rezeptionsinstanz aus dem Subtext erschlossen werden müssen. Stattdessen persifliert es bloß die symptomatischen Elemente. Warum funktionieren so viele Gesellschaften – als soziale Makrokonstrukte – innerhalb einer diskursiven Hegemonie des Kapitalismus? Dazu findet das Spiel keine Aussage.
Schlimmer noch, präsentieren speziell die letzten beiden Ableger der Reihe – Teil vier und fünf – diverse sexistische, rassistische, chauvinistische – das nur als kleine Auswahl – Elemente, die schlicht wiedergegeben, aber nicht kommentiert, in einen Kontext gesetzt werden. Einmal dekonstruieren wie es zur Konventionalisierung und Sozialisation mit solcherlei Klischees kam? Das wäre ja tatsächlich Arbeit, nämlich Arbeit für die Rezeptionsinstanz und dann hieße es gleichzeitig, dass eine Position zu gewissen Themen bezogen werden müsste und das gefährdet unsere Phantastilliarden Dollar Gewinn! Dann eben morgen.
Klingt vielleicht ein wenig harsch, aber das geht nicht gegen dich – Lenny – persönlich, sondern ist meine Art ein solches Argument vorzubringen. Außerdem bin ich derart überein mit gewissen Kritikern, die sich bereits umfassend zu diesem Thema geäußert haben, dass manche Passagen meines Textes durchaus vertraut erscheinen könnten.
Abschließend alle vielen Dank für diese – gesunde – Diskussion. Mein letzter Versuch einer solchen im Internet endete in einem wahren Desaster.
Im Grunde wurde ja bereits von den Vorrednern alles schon ziemlich gut gesagt, daher hier nur nochmal der Vollständigkeit halber meine fünf Cent:
Bedingt durch den Cuphead-Hype habe ich mir auch mal ein wenig Zeit genommen und ein bisschen über schwierige Spielszenen bzw. Bosse nachzudenken. Zum einen bin ich aufgrund einer Körperbehinderung in meinen Reaktionsfähigkeiten eingeschränkt, was viele Spiele auch auf einfacherem Schwierigkeitsgrad für mich bereits zu einer kleinen Herausforderung werden lässt.
Beispielsweise habe ich die Souls-Reihe oder Surge diverse Male angefangen und bereits frustriert nach kurzer Spielzeit das Handtuch geworfen. Ich kann verstehen, dass für viele Leute diese Art von Spiel ein besonderer Reiz ist, aber wenn ich nicht mal über das erste Level hinaus komme, kann mir das Spiel gestohlen bleiben. Auch bei Deus Ex Human Revolution habe ich bei den Bosse eine ähnliche Erfahrung gemacht und war nach einiger Zeit so gefrustet, dass ich einfach per Cheat nachgeholfen habe.
Allgemein habe ich nichts gegen fordernde Spiele, ich mag beispielsweise Darkest Dungeon, Dwarf Fortress, Tales of Maj`Eyal oder verbeisse mich bei Battlefield solange auf einen Camper bis ich endlich den einen Frag gegen seine 8 auf meinem Konto habe. Allerdings bin ich auch im Sinne eines barrierearmen Zugangs zum Medium Videospiel dafür, dass man bestimmte Sequenzen überspringen kann, sollte der Spieler es nicht schaffen, diese nach x Versuchen erfolgreich zu meistern. Ein gutes Beispiel, das mir hierzu einfällt, ist L. A. Noir, bei dem man auf einem Kronleuchter schwingen muss um die rettende Hand des Partners zu erreichen. Auch nach 7 Versuchen schaffte ich es nicht, den Kronleuchter vernünftig in Schwung zu bringen und das Spiel bot mir an, diese Spielsequenz zu überspringen. Diese freiwillige Mechanik in die Spiele einzubauen würde den Zugang deutlich erleichtern, gleichzeitig aber die Leute nicht verprellen, die es eben unbedingt schaffen möchten, um eben ihren Stempel „Real Hardcore Gamer“ zu bekommen.
Abschließend bleibt mir nur allen nochmal Danke zu sagen, da ich die Diskussion die sich ergeben hat, sehr interessant finde.
Das kapitalistische Medium Videospiele
Zum Kapitalismus. Das Interessanteste hierzu war, als ich letztens Battlefield 1 kaufte. Ohne es richtig zu realisieren lud ich eine Special-Edition herunter, die neben diversen Vorteilen, wie exklusivem Vorab-Zugang (yay, ich bin Versuchskaninchen) auch Waffenskins und Marken für das Spiel bot. Ich habe also für mehr Geld das ich ausgegeben habe, bis auf einen XP-Boost und ein paar schönere Waffen keinen wirklichen spielerischen Mehrwert, außer dass ich neue (vielleicht noch verbuggte) Karten vorab spielen kann. Aber als ich zu spielen begann, fiel mir auf, dass etliche Spiele seltene Skins besaßen, die entweder durch endloses Grinden oder eben durch Echtgeld gekauft wurden. Und ich wurde traurig, da mir wieder einmal bewusst wurde, dass zwar genau diese Spieler jedes Jahr die Entwickler für die augenscheinliche Geldgeilheit und Ideenlosigkeit kritisieren, gleichzeitig aber bereit sind, mehrere hunderte Euro für Special-Editions und nutzlose Skins auszugeben, nur um sich vermeintlich von der Masse abzuheben. Und leider müsste man hier jetzt die Diskussion in ein „Die haben ja alle kein Leben und sonst nix zu tun“-Wasser (ums mal polemisch auszudrücken) fahren, was aber den Rahmen komplett sprengen würde. Abschließend bleibt mir nur zu sagen, dass ein Großteil der Spieler sich an der eigenen Nase fassen muss, wenn er einem Entwicklerstudio Geldgeilheit vorwirft.
Hi an alle,
Da es umständlich ist immer „der andere“ zu schreiben, habe ich jetzt den Anfangsbuchstaben meines Nachnamens dazu geschrieben.
Ich freue mich über die ausführlichen antworten und werde auf einiges eingehen so gut ich es vermag. Entschuldigt bitte, falls es ein wenig wirr wird aber ich werde versuchen chronologisch vorzugehen.
Zu Stefan H. Simond:
Danke für deine Beteiligung. Ich finde es großartig, dass du hier direkt mit machst und nicht auf der Ebene des Moderators bleibst.
Ich kann deinen Punkten größtenteils zustimmen aber finde den Vergleich zur Musik in dem Fall schwierig.
Das hat mich auch schon im podcast mit dem Film Vergleich ein wenig gestört.
Man kann die Zugänglichkeit von passiven und aktiven Medien nicht wirklich miteinander vergleichen, weil etwas passiv zu konsumieren nur Zeit und die notwendigen Sinne voraussetzt. Bei aktiven Medien aber noch Fähigkeiten gebraucht werden, die am Anfang jeder erst einmal erlernen muss.
Die Hürde ist also bei aktiven Medien von Anfang an größer. Selbst bei Narrative Exploration Games zum Beispiel muss man wenigstens die Steuerung beherrschen.
Was für mich nicht schwer ist (weil ich seit meinem 4. Lebensjahr Videospiele spiele) stellt z. B. meine Tante vor ein großes Problem. Sich mit zwei Analogsticks durch eine 3D Umgebung zu bewegen und gleichzeitig noch die Atmosphäre aufzunehmen und Details zu erfassen klappt nicht. Dazu fehlt ihr die Übung, denn sie schaut mehr aufs Gamepad als auf den Bildschirm.
Sie ist also vom Medium Videospiel grundsätzlich ausgeschlossen. Natürlich auch mangels Interesse sich die notwendigen Fähigkeiten anzueignen.
Zum Punkt also. Ich finde Videospiele müssen hier einen völlig eigenen Konsens finden, weil es vorher keine vergleichbares Medium gab von dem man einen übernehmen könnte.
Zur Frage: „Wer hat eigentlich das Recht, den Anspruch zu erheben, Spiele müssten so oder so gestaltet sein?“
Hier kann ich nur meine eigene Meinung wiedergeben, weil mir keine Argumente außerhalb von anekdotischer Evidenz und persönlicher Präferenz einfallen wollen.
Dieses Recht hat meiner Meinung nach niemand. Man kann sich einen Zustand wünschen und im Diskurs eine allgemein anerkannte Position erarbeiten. Aber selbst wenn das geschafft ist, hat keiner das Recht jemandem zu verbieten es anders zu machen als alle anderen.
Natürlich hat in unserem kapitalistischen System hier auch „der Markt“ ein gewisses Mitspracherecht. Das er über ich kaufe dieses oder ich kaufe es eben auch nicht ausdrückt.
Solange ein Entwickler Geld verdienen muss kann er sich nur soweit vom akzeptierten Konsens entfernen, wie genügend Konsumenten sein Produkt kaufen.
Ich persönlich fände es sehr schön, wenn die Erfahrungen, die Videospiele darstellen, möglichst jedem zur Verfügung stehen würden.
Zu Lenny: „Was für mich viel störender ist, ist das elitäre Gehabe mancher… …Und das ist blödsinn.“
Diesem Punkt kann ich nur zustimmen. Kein Mensch ist besser oder schlechter nur weil er auf einem hohen oder niedrigen Schwierigkeitsgrad spielt.
Ob GTA gelungene Satire ist, finde ich schwer zu beurteilen, weil es, wie im Podcast auch erwähnt, eben oft auch nur Stereotype wiedergibt ohne sie groß zu hinterfragen. Es gibt mit Sicherheit Gegenbeispiele aber die sind in der Gesamtspielzeit doch rar. Mitunter sogar nur in der Haupthandlung zu finden.
Ich würde hier ein differenziertes Urteil nahelegen. Es ist stellenweise durchaus gute Satire (hier finde ich gerade die Hauptmission um fame of shame gut) aber eben geht insgesamt oft nicht kritisch genug mit seine. Klischees um.
Ich habe es allerdings noch nicht durchgespielt, sondern bin erst direkt nach der Folterszene. Als disclaimer.
Zu Jan-Ole: „Darüber hinaus muss niemand aus dem akademischen Umfeld kommen,… …aber wir alle kennen – denke ich – das Internet.“
Danke dafür und ja ich stimme zu. War, wie gesagt, auch keine Kritik. Ich habe mir das mit dem entschuldigen halt auch angewöhnt, weil ich schon mehrmals die Situation hatte, meinen Gesprächspartner ungewollt angegriffen zu haben. Weil ich meine Argumente teilweise doch recht harsch formuliere.
Zu: „Beim zweiten Punkt des zweiten Stefans in dieser Runde liegt – so scheint es mir – ein Missverständnis vor: Mir ging es …
…Ich bin ganz bei Stefan – ersterem – wenn er feststellt, Werke dürfen exklusiv sein, aber eben nur unter der Einschränkung, dass dies einen Mehrwert für die Rezeption bietet und eben nicht ein Hindernis ebenjener darstellt, weil es eine – an diesem Punkt schlichtweg unsinnige – Konvention ist.“
Diesem Punkt möchte ich hier so zustimmen und denke deshalb auch: Ja da lag wohl meinerseits ein Missverständnis deines Punktes vor.
Zu: „Mittels ihrer ludischen Ebene können…
…Erneut wäre mein Votum, dass Werke exklusiv sein dürfen, es aber nicht kategorisch sein müssen.“
Wenn ich das richtig verstanden habe sind wir hier auf einem Nenner und das entspricht in Grundzügen dem was ich oben auch geschrieben habe. In dem Sinne stimme ich auch hier zu.
Zu Korbinian Michl:
Danke für deine Perspektive. Ich persönlich kenne niemanden, der aufgrund körperlicher Einschränkungen, Probleme mit dem videospielen hat.
Ich finde es ausgesprochen interessant so eine Perspektive zu lesen und durchzudenken.
Ich möchte deinem Punkt, dass ein Knopf zum überspringen schwieriger Passagen gut ist, zustimmen.
Immer unter den, oben mehrfach erwähnten Einschränkungen.
Zum Kapitalismus.
Hier möchte ich nur anmerken, dass ich deine Position verstehen kann aber es sowieso eigenartig finde, einem Unternehmen (was Entwickler de facto in fast allen Fällen sind) „Geldgeilheit“ vorzuwerfen.
Das ist ein Problem unseres Systems und solange wir in diesem Leben wird immer gemacht, wofür genügend Leute bezahlen. Dafür einen Hersteller zu verurteilen ist, finde ich, Kritik an der falschen Stelle.
Hier gehören die Konsumenten kritisiert, wie du es ja auch tust.
So viel erstmal von mir. Nochmal danke an alle für die Teilnahme! 🙂
Mit freundlichen Grüßen
Stefan J.
Noch einmal bezüglich der Satirequalität von ‚Grand Theft Auto‘: Zuerst will ich noch einmal etablieren, über welche Titel im Speziellen ich sprechen, denn die Rezeption der Reihe variiert doch stark. Ich klammere aus der Diskussion sämtliche Titel vor dem vierten Teil aus, da diese selten als Satire rezipiert wurden, sondern eben als zynische Persiflagen auf eine amerikanische Gesellschaft mittels des Verzerrens realweltliches Wissens (Wissen ist begrifflich schwierig, aber ich belasse es einmal dabei). Dies trifft besonders auf die Spiele zu, welche auf der PS2 ihren Einstand hatten. Die ersten beiden Teile – plus Add-On – fallen mehr für ihre ludische Struktur ins Gewicht und werden selten bezüglich ihrer inhaltlichen sowie kontextuellen Elemente diskutiert.
Nun besteht der Korpus dieser Diskussion aus ‚Grand Theft Auto 4‘ nebst seiner zusätzlichen Inhalte und dessen Nachfolgespiel, denen mehrfach zugesprochen wurde, sie seien eine so fantastische Satire auf die amerikanische Gesellschaft, wobei gerade der Gesellschaftsbegriff niemals offen gelegt wurde. Die Frage besteht, ob Gesellschaft als homogenisierter Wertekanon verstanden wird, auf dessen Repräsentation sich mittels Konventionalisierung geeinigt wurde? Gesellschaft auf der Mikroebene sozialer Interaktionen einzelner Parteien oder auf einer Mesoebene als Gefüge mehrerer sozio-kulturell konstruierter Gruppen nebst deren Interaktion auf einer Mikroebene? Oder einer Rezeption der amerikanischen Gesellschaft durch Instanzen außerhalb ihrer Grenzen? Und wie sehen diese Grenzen aus: Sozial konstruiert oder per – empirischer – Definition gezogen? Kann Gesellschaft als Struktur gewandelt werden oder bedarf es der Erhaltung eines – nachgerade utopischen – Optimalzustandes? Ein langer Katalog berechtigter Fragen.
Satire stellt ein weiteres Problem in dieser Diskussion dar, weil kein wirklicher Satirebegriff vorliegt, sondern auf einer diffusen Annahme verhandelt wird, welche sich für jede beteiligte Instanz anders umreißt. In meinem letzten Kommentar habe ich deshalb versucht, den von mir verwendeten Satirebegriff transparent zu machen: Danach nähere ich mich dem Begriff über die rezeptive Evokation, also ob und in welchem Differenzierungsgrad soziale wie kulturelle Erscheinungen dekonstruiert und gewisse Implikationen und Aussagen dessen an die Rezeptionsinstanz kommuniziert werden.
Erneut bediene ich mich eines Beispiels Jochen Gebauers, nämlich Jonathan Swifts ‚A Modest Proposal‘. Darin schlägt er als Lösung für die Armut sowie Hungerleiden Irlands vor, irische Neugeborene als Nahrungsmittel nach England zu verschiffen. Mit dieser Schrift weist er jedoch weniger auf einen tatsächlichen Lösungsvorschlag hin, sondern öffnet vielmehr den Blick für die zunehmend absurden und dehumanisierenden Lösungen, die für die Bewältigung der irischen Zwangslage in Betracht gezogen werden. Nicht wenige Rezeptionsinstanzen der damaligen Zeit, nahmen diese Vorschläge initial für bare Münze, allerdings fördert der nun eingeleitete Rezeptionsprozess einen Zwang zur Reflexion der Schrift und letztlich der gegebenen Situation ein. Satire erzeugt somit eine reflexive Haltung gegenüber einem Gegenstand – im weitesten Sinne – und muss danach rezeptiv erschlossen werden.
Ein ‚Grand Theft Auto 5‘ setzt dies eben nicht voraus. Mein Life Invader-Beispiel wiederhole ich an dieser Stelle nicht, greife jedoch einmal die Mission um die fiktive Show Fame of Shame noch einmal auf. Simple Frage: Welche neuen Einsichten über Scripted-Reality-Shows bietet diese an?
Sie referieren auf eine zynische Form der Unterhaltung mittels dem Leid oder Versagen anderer Menschen, die diesen objektiviziert. Erneut: Wer wusste das – zumindest implizit – nicht?
Lässt die Erzählung sich zu einer Aussage hinreißen, welche in irgendeinem interpretativen Kontext bedeutungstragend wäre? Nein. Die gesamte Thematik wird der Rezeptions- , gleichzeitig Spielinstanz, entgegengeworfen, beinahe mit den Worten: „Das ist ein Thema, nicht?“
Es findet keine Dekonstruktion der Gründe statt, welche im Erfolg solcher Show kulminieren oder eine Verurteilung der Entmenschlichung auf irgendeiner Ebene, weil dazu eine Position bezogen werden müsste. Personen – die ansonsten das Spiel einfach spielen würden – müssten sich möglicherweise selbst reflektieren, was überaus unangenehm sein kann. Gerade weil ‚Grand Theft Auto‘ niemandem auf die Füße tritt, kann es solch absurde Verkaufszahlen generieren.
Kommuniziert wird, dass die einzelne Person doch bitte über als diese Idioten lachen soll, die freiwillig an solchen Shows teilnehmen, statt zu reflektieren, weshalb sie überhaupt lachen.
Allerdings wäre gerade das die Funktion von Satire! Sie ist nun einmal nicht angenehm oder versucht heikle Themen möglichst zu umschiffen. Aber das ist es eben: ‚Grand Teft Auto 5‘ – zum Beispiel – reproduziert bloß sexistische, chauvinistische und rassistische Sterotypen, manchmal trifft es dabei einem etwas differenzierteren Ton und es gelingt eine Persiflage – wie im Mad-Magzin. Dennoch verweilt es auf dieser Ebene, ich wiederhole: It is stating the bloody obvious!“
Gleiches bei der Folterszene, die – bis zu einem Punkt – tatsächlich eine Satire auf racial profiling, Entwerten des Todes und die fehlende Legitimation solcherlei Taten, welche politisch dennoch initiiert werden. Nur fängt Trevor nach der eigentlichen Folter an, eine lange Tirade über eben diese Punkte zu halten und hebt sie damit von der Ebene des Subtextes auf die des literalen Textes.
Einzig belegbare Aussage: Folter ist kein moralisch lauteres Mittel zum Erlangen von Informationen. Ernsthaft? Gleichsam verwandelt die Figur die Situation in einen Witz, wobei das Opfer der Folter zur Pointe wird und sämtliche Empathie des Moments ganz nebenbei zerstört.
Durch den Subtext hätte die Rezeptionsinstanz reflektieren müssen, wie das Erlebte einzuordnen ist, sie hätte sich weiterführende Gedanken machen müssen und damit läge schließlich – gute – Satire vor.
Natürlich könnte nun versucht werden darüber zu argumentieren, dass auch Persiflagen als Unterkategorie der Satire gewertet werden könnten und dies wäre begrifflich durchaus möglich. Doch selbst unter dieser Konzession, wäre ‚Grand Theft Auto‘ immer noch schlechte Satire.
Zudem wäre es eine weniger trennscharfe Anwendung des Begriffs, weshalb ich diesem Argument nicht folgen wollen würde. Gleichsam ist dies eine durchaus differenzierte Wertung bezüglich der satirischen Funktion des Titels, da mir die Beispiele für gute Satire komplett fehlen – was ich auch belege – weiterhin macht ein besser getroffener Ton noch keine Symphonie.
Bloß weil – möglicherweise – Elemente vorliegen, die unter meinem Satirebegriff zu fassen wären, macht dies rückwirkend nicht das ganze Werk zu Satire, da es als Gesamtwerk dessen Konstitution nicht bewältigt.
Als kleiner Schluss möchte ich festhalten, dass dies keinesfalls ein Angriff auf die Person einer beteiligten Partei an dieser Diskussion – da besonders angesprochen Stefan J. – darstelle soll. Vielmehr entspricht dies dem generellen Duktus meiner Argumentation, weshalb ich auch mit einem harscheren Tons stets leben kann. An der Uni kriege ich – wie viele andere Personen – da noch ganz anderer Töne zu hören.
An Koribinian Michl ebenfalls meinen Dank für die Perspektive für die Diskussion, so etwas ist stets eine wertvolle Bereicherung. Zum Kapitalismus werde ich mich jedoch nicht weiter äußern, würde dies erneut einiges an Zeit und Kommentarplatz in Anspruch nehmen.
Hatte die Truppe das Thema nicht schon einmal im Podcast gestreift? Allerdings wäre gerade der hegemoniale Diskurs Kapitalismus weiterhin ein interessantes Thema, vielleicht in Verbindung mit dem inhärenten Rezeptionspotenzial von Videospielen für politische Diskurse gepaart.
Was denke Sie dazu, Herr Count Magnus Wolfram…ähm Stefan Heinrich Simond? (Und ich kann den Namen nicht anders sagen!)
In der Tat – über das Kapitalismus-Thema haben wir immer wieder mal gesprochen. Es begleitet uns ständig und es wäre allerdings mal an der Zeit, ihm eine eigene Episode zu widmen. Ich frage mal Matthias Kreienbrink, ob ihm nicht danach wäre, uns zu besuchen und über die Inskription kapitalistischer Logik in digitalen Spielen zu sinnieren.
Was GTA V angeht, mag ich dir doch widersprechen. Konzis widmest du dich dem Satire-Begriff und bis dahin pflichte ich dir vollumfänglich bei: Es ist die Funktion von Satire, einen Sachverhalt zu dekonstruieren und somit zur reflexiven Rezeption anzuhalten.
Da GTA V ein extensives Spiel ist und ich argumentieren würde, dass es an manche Stellen sehr präzise Satire liefert und an anderen nicht, beziehe ich mich nachfolgend der Einfachheit halber erstmal nur auf die Folterszene. Die Sequenz bietet für mich eben jenes Potenzial zur Reflexion, indem sie zwei Dinge tut:
(1) Die Folterszene stellt Folter als Selbstzweck bloß. Die Tatsache, dass eine solche Einsicht für uns hier keine ist, entkräftet doch meiner Ansicht nach die Satire nicht. Denn wenn wir uns anschauen, wie Folter diskursiv gerechtfertigt wird, dann ist es keine Überraschung, dass die Behauptung, sie sei ein probates Mittel um Schlimmeres zu verhindern, das erste und vermeintlich stärkste Argument ist. Dahinter steckt eine utilitaristische Logik und GTA V legt diese prozessual offen und dekonstruiert sie, indem Folter als Selbstzweck illustriert wird. Dabei ist es überdies wichtig zu berücksichtigen, dass es Trevor ist, der foltert, und nicht etwa eine der andere Figuren, denn Trevor hat – wie der Spieler zu diesem Zeitpunkt weiß – keinerlei Skrupel, autotelische Gewalt anzuwenden. Der entscheidende Moment satirischer Reflexion, tritt für mich dann ein, wenn Spieler sich zu fragen beginnen, ob die institutionelle Folter tatsächlich auf einer solchen Logik fußen sollte.
(2) Die Folterszene hält uns an, unsere eigene Spielpraxis zu hinterfragen. Dieser Punkt lässt sich vor allem auf einer Meta-Ebene verorten. Die Tatsache, dass es reichlich Artikel gab und teilweise bis heute noch über die Legitimität der Folterszene gestritten wird, ist für mich erstmal ein Anzeichen gelungener Satire.
Im kommenden Wintersemester gebe ich übrigens ein Seminar zu politischen und philosophischen Perspektiven auf digitale Spiele; auch GTA V wird dabei exemplarisch behandelt. Ich wünsche mir sehr, dass die Diskussionsbeiträge ebenso stichhaltig sind wie hier. Ich bin schlichtweg sprachlos in Anbetracht des lebhaften, argumentativen Austausches. Letztlich sind es wohl genau diese Debatten, die das Medium gut gebrauchen kann.
Das Argument bezüglich der Folterszene in ‚GTA 5‘ kann ich vollends nachvollziehen und finde es stringent wie überzeugend. Trotzdem würde ich es wahrscheinlich nicht teilen, aber meistens sind die disparaten Position innerhalb einer Diskussion die spannendsten. Mindestens eine weitere –
belegte -Perspektive habe ich dadurch gewonnen.
Was die Kategorisierung von ‚Grand Theft Auto‘ als Satire betrifft, vertrete ich wohl einen – jetzt der Zirkelschluss – exklusiveren Ansatz, da ich es nicht aus der Luft gegriffen halte, ihm diese Bezeichnung zu verweigern. Ein Faktor, der eng mit meiner Konstitution des Begriffs zusammenhängt und nicht komplett ohne Argument dasteht.
Außerdem muss ich wieder neidisch in die Welt schielen, leider sind Game Studies in den Medienwissenschaften – der von mir besuchten Universität – chronisch unterrepräsentiert. Damit noch einmal vielen Dank für die Diskussion an alle beteiligten Instanzen.
Hallo Stefan, Tobi und Sophie,
seit über einem Jahr höre ich bereits euren wunderbaren Podcast. Jeden Sonntag freue ich mich auf eine neue Ausgabe. Für mich seid ihr derzeit nach The Pod („Auf ein Bier“) das Beste, was die deutschsprachige Podcast-Welt in Sachen Games zu bieten hat. Natürlich mache ich immer fleißig Werbung für euch, wenn ich denn einen potentiellen Hörer ausmachen kann! Da bleibt mir nur noch eines zu sagen: Weiter so! Euer Projekt hat enorm viel Potential!
Am Ende von #63 wurde gefragt, wie die künftige Ausrichtung des Podcasts gestaltet werden soll. Persönlich würde ich mich freuen, wenn das Hauptaugenmerk weiter den sogenannten Meta-Themen gilt. Rezensionen gibt es ja schließlich schon genug in diesem Internetz. Das soll aber nicht bedeuten, dass ich Besprechungen von einzelnen Spielen strikt ablehne. Ganz und gar nicht! Auch die Auseinandersetzung mit „Shadow Tactics“ fand ich klasse. Außerdem hat dieses Spiel wohl wahrlich etwas mehr Aufmerksamkeit verdient. Ich spreche mich also sozusagen für eine gesunde Mischung aus, wobei Meta deutlich mehr Gewicht haben sollte. Spezielle oder herausragende Titel dürfen dann vielleicht alle fünf Episoden angegangen werden. Ihr werdet schon einen gesunden Rhythmus finden. 😉
Im weiteren Verlauf noch meine bescheidenen Eindrücke und Gedanken zu #64
Mit Freude habe ich euren aktuellen Podcast zum Thema GTA (es hat meine Kindheit geprägt! Bestimmt nur positiv, hehe) & Satire gelauscht. Leider habt ihr euch ein wenig zu lange bei dem Punkt mit den genderbasierten Rollenklischees beharkt (hehe). Dabei – so schien es mir zumindest – habt ihr die Ausführungen des Gegenübers doch eigentlich nachvollziehen können. Seltsamerweise wurde bei eurer Debatte komplett auf den Begriff „gender“ verzichtet. Dabei wäre er doch hier gar nicht so verkehrt gewesen, oder?
„Gender is more what we do than what we are“ – Judith Butler
Vielleicht wäre dieser Punkt dann zielführender abgearbeitet geworden. Doch ist mir natürlich klar, dass ihr einen Podcast macht und keine Vorlesung! Unstimmigkeiten inklusive kleinerer Kabbeleien gehören da einfach dazu und machen letztlich das Salz in der Podcast-Suppe aus. 😉
Zum Thema Satire noch Folgendes:
Satire funktioniert nur dann, wenn der Rezipient den Wertemaßstab des Schöpfers (ungefähr) kennt und verinnerlicht hat. Rainer Sigl erwähnt in seinem Text „South Park“. Auf den ersten Blick scheint es viele Gemeinsamkeiten zwischen der Serie und dem Videospiel zu geben: Laut, schrill, obszön. Der Albtraum aller Eltern, die etwas auf sich halten. Doch lässt sich bei genauerer Betrachtung dann doch ein markanter Unterschied ausmachen. Jede Folge „South Park“ nimmt sich eines relevanten gesellschaftlichen Themas an (in späteren Staffeln dann sogar einem aktuellen), das durch laute, schrille und obszöne Manier enttarnt wird. Am Ende steht für den Zuschauer immer folgende Lehre: „Ja, South Park ist schon politisch inkorrekt. Aber richtig schlimm ist ja dieses gesellschaftliche Phänomen. Das ist ja so offenkundig falsch! Da muss man was dagegen machen!“ In diesem Sinne ist „South Park“ tatsächlich pädagogisch und damit auch Satire.
Anstelle der Pädagogik steht bei GTA die Freiheit. Sicherlich – das hattet ihr auch besprochen – findet man in GTA allerlei satirische Elemente, die sich als Kritik an den herrschenden Zuständen auffassen lassen. Diese müssen aber nicht zwangsweise als solche aufgefasst werden. GTA überlässt dies ganz dem Rezipienten. GTA ist eben Freiheit. Diese Freiheit führt bei der Zielgruppe eher zu spektakulären Massakern an Polizei und Zivilisten, angespornt vom Drang es immer bunter (also blutiger) zu treiben. Statt pädagogischer Erleuchtung versucht der Spieler rauszufinden, ob man der Prostituierten ihren Lohn nach vollzogenem Verkehr wieder abnehmen kann, indem man sie niederstreckt.
Das satirische Moment von GTA findet sich somit nicht im Spiel selbst. Das Phänomen GTA als Ganzes ist als das satirische Lehrstück zu betrachten: meistverkauftes Spiel, Belohnung für Verbrechen und Brutalität, offensive sexuelle Objektifizierung. Der feuchte Traum des heranwachsenden jungen Mannes, dem nichts zu aggressiv, sexy, laut & wild sein kann – dessen Wertemaßstab sich noch in Konstruktion befindet.