Rayman Legends – legendär!

Ein Jump’n’Run, klassisch und modern zugleich. Inspiriert, vollkommen und immer ganz bei sich. Rayman Legends versprüht eine herrliche Glückseligkeit und wird nie öde.raymanlegends

Knapp zwei Jahre ist es her als Ubisoft Montpellier den charmanten Helden ohne Extremitäten aus einem langen und tiefen Schlaf erweckte. Mit Rayman Origins kehrte man zurück zu den Wurzeln des Genres: Die zweidimensionale Hüpferei verzauberte sowohl auf der PlayStation 3 als auch der PS Vita durch ihren liebevollen Stil, die leichtfüßige Steuerung und den fabelhaften Humor. Es war also nur eine Frage der Zeit bis ein Nachfolger erscheinen würde. Ursprünglich als Exklusivtitel für die WiiU angekündigt, stellte man wohl überrascht fest, dass niemand die Konsole besitzt und entschloss sich letztlich, Rayman Legends doch plattformübergreifend zu veröffentlichen.1

1Die Vita-Version ist zum Veröffentlichungszeitpunkt dieser Rezension noch nicht erschienen und ohne Angabe von Gründen auf den 12. September verschoben worden. Etwaige Cross-Buy & Cross-Save-Features sind bislang nicht bestätigt. Zudem beunruhigen uns Informationen, nach denen Levels und Inhalte aus der Vita-Version gestrichen wurden.

Nach einem kurzen Intro, welches die triviale aber humorvolle Geschichte etabliert, landet ihr unmittelbar in dem dank UbiArt-Engine traumhaft schönen Zauberwald. Das saftige Grün, die detailreichen Umgebungen, die schrulligen Pro- und Antagonisten – Alles von Hand gezeichnet. Es lohnt sich immer, während des flotten Gameplays innezuhalten und die herzallerliebsten Designs zu bestaunen. Dank der obskuren Überzeichnung machen alleine die schrulligen Charakteranimationen Laune. Kurz und knapp: Rayman Legends schaut aus wie ein zum Leben erwachter Comic.

Die hervorragend ausbalancierten Hüpf-und-Renn-Abschnitte, welche das Spiel ganz klar dominieren, werden immer wieder durch seichte Rätsel, deftige Bosskämpfe und fantastisch gelungene Musical-Level inklusiver renommierter Songs aufgelockert. Langeweile kommt nie auf, nicht zuletzt dank des knackigen Schwierigkeitsgrades einzelner Passagen. Konventionelle Kernmechaniken begleiten dabei durch das ganze Spiel: Sprints, Wandsprünge und Fausthiebe gehören zum etablierten Repertoire des geneigten Jump’n’Run-Helden. Die Steuerung funktioniert wie im Vorgänger enorm präzise und überragt in ihrer Leichtfüßigkeit ein LittleBigPlanet bei weitem.

Dennoch schreckt Ubisoft nicht vor Neuerungen zurück. Der kleine Murfy, ein fliegendes Grinsegesicht, verweist etwa auf den Ursprung des Titels auf der WiiU. In einigen Abschnitten müsst ihr ihm manuell den Befehl geben, Schalter umzulegen, Gegnern ins Auge zu pieksen oder Seile zu kappen. Was alleine noch relativ flott von der Hand geht, sorgt im ohnehin reichlich chaotischen Mehrspielermodus schon mal für Hektik. Dieser lässt bis zu vier MitspielerInnen zu – allerdings nur lokal. Auf einen Online-Modus wird wie in Origins komplett verzichtet, was einerseits schade, andererseits aber auch verständlich ist. Gemeinsam im heimischen Wohnzimmer macht der Titel ohnehin am meisten Spaß.

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Nicht nur die grafische Aufbereitung sondern auch der Soundtrack ist famos gelungen, atmosphärisch und unterhaltsam. Die erstklassig orchestrierten Stücke prügeln euch ihre sprudelnd gute Laune regelrecht ins Gesicht. Auch das Menu wurde überarbeitet. Anstatt auf einer Karte zu navigieren, befindet ihr euch zwischen den einzelnen Welten in einem überdimensionierten Zelt. Ähnlich wie in Super Mario 64 werden die Levels durch Gemälde repräsentiert, in die ihr hineinspringen könnt. Auf einen Blick seht ihr anhand des Rahmens, welche der zahlreichen Bonus-Ziele ihr abgeschlossen habt.

Gerade die Nebenbeschäftigungen bedürfen einer besonderen Erwähnung. So könnt ihr etwa durch in Story-Levels erspielte Tickets Kreaturen gewinnen, welche fortan in einem gesonderten Bereich des Zeltes täglich Lums für euch produzieren. Rayman verfügt sozusagen über einen Zen-Garten. Und besagte Lums sind überaus wertvoll, denn so lassen sich dutzende weiterer Spielfiguren freischalten, mit denen ihr durch die Gegend turnen könnt. Zudem verdient ihr Pokale, die euer Awesomeness-Level (kein Scherz!) erhöhen und weitere Challenges freischalten. So liefert Ubisoft etwa täglich, wöchentlich und sowieso und überhaupt ständig neue Herausforderungen. In diesen knackigen Abschnitten geht es darum, eure Technik zu perfektionieren, um Bestzeiten eurer Freunden und dem Rest der Welt zu unterbieten. Als Schmankerl obendrauf wurden sogar einige alte Rayman Origins-Level recycled und mit neuen Aufgaben bestückt – ein nettes Gimmick für Fans des Vorgängers.

FAZIT

Vor knapp zwei Jahren habe ich mit wachsender Begeisterung Rayman Origins platiniert. Zu allen Zeiten fühlte ich mich voll und ganz unterhalten – ein eingängiges Abenteuer mit der stolzen Ambition, sowohl GelegenheitsspielerInnen als auch enthusiastische Vollzeit-GamerInnen zu bespaßen. Als mit Legends der Nachfolger präsentiert wurde, blieb ich zunächst skeptisch. Ist das nicht einfach nur more of the same? Braucht es wirklich noch ein Rayman, nachdem Origins doch durch und durch gelungen war? Mittlerweile kenne ich die Antwort: Ja! Natürlich ist Legends more of the same, denn am grundlegenden Konzept hat sich nichts geändert. Dennoch gibt es zahlreiche Neuerungen, die nach wenigen Minuten bereits vertraut wirken. Völlig überrascht hat mich dann, dass der Titel regelrecht in die Breite explodiert. So viel spaßiger Zusatzkram und nichts davon wirkt aufgesetzt oder fühlt sich an wie Fleißarbeit. Rayman Legends ist nicht nur absolut gelungen, sondern hat mich trotz hoher Erwartungen noch positiv überrascht. Eine starke Leistung!

– Stefan Simond

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Über Stefan Heinrich Simond

Stefan Heinrich Simond (shs) publiziert und unterrichtet im Bereich der Game Studies am Institut für Medienwissenschaft der Philipps-Universität Marburg. Er promoviert zur Konstruktion psychischer Krankheiten und psychiatrischer Institutionen in digitalen Spielen, ist Chefredakteur bei pixeldiskurs.de und hostet den wöchentlichen Pixeldiskurs-Podcasts.