Über fliegende Skateboards und knifflige Tricks berichtet heute Yannick Suchwallo. Auf dem Kritikerblog schreibt er über Filme, spielt aber auch gerne mal und hat sich für uns ein digitales Spiel vorgenommen.
OlliOlli 2: Welcome to Olliwood macht vieles richtig, allerdings ohne unbekanntes Terrain zu betreten. Es ist dem Titel nach zu urteilen (wenig verwunderlich) der Nachfolger des Anfang 2014 erschienenen OlliOlli. Zwar wurde das Spiel im Gegensatz zum Vorgänger in puncto Optik aufgehübscht und die Animationen sind flüssiger, so flattert beispielsweise das Shirt unseres namenlosen Protagonisten im Wind und sorgt zusätzlich für Geschwindigkeitsgefühl – aber mal ehrlich, am einfachen wie genialen Prinzip von OlliOlli gab es wenig zu verbessern, auch ohne Hochglanzgrafik, 3-D Welt und Auftritte von Persönlichkeiten wie Wee-Man oder Bam Margera wie im Tony Hawk-Franchise.
Von der Pixeloptik wurde Abstand genommen, stattdessen gibt es einen moderner anmutenden Stil mit, wie bereits erwähnt, aufpolierten Animationen. Dem Spielgefühl tut beides keinen Abbruch, wobei dies reine Geschmackssache ist.
Das Ganze stammt vom jungen Entwicklerstudio roll7, das sich bisher, abgesehen von OlliOlli und OlliOlli 2: Welcome to Olliwood, noch nicht auszeichnen konnte – ihr dritter entwickelter Titel Not A Hero soll am 7. Mai in den Vereinigten Staaten erscheinen.
Welcome to Olliwood erfindet das Rad beziehungsweise die Rollen nicht neu, hat aber auch keineswegs den Anspruch sich mit dem Platzhirsch skate von Electronic Arts und dem Tony Hawk-Franchise zu prügeln. Originale Marken und individualisierbare Avatare fehlen in der OlliOlli-Serie komplett, wenn man unterstellen möchte, dass die kommerziell erfolgreichsten unter den Skategames bisher alles dafür getan haben die Coolness-Skala in die Höhe zu treiben und so vom immer gleichen Gameplay abzulenken.
Die Gestaltung der Level wirkt lebendiger als im ersten Teil. Durch die aufgebohrte Grafik und neue Gimmicks wie Rampen, auf denen man einen Schub bekommt, macht es noch mehr Spaß etwa auf einer Achterbahn oder im Atomkraftwerk sein Unwesen zu treiben.
Bereits der Vorgänger sorgte mit schmissiger Musik von Jazz bis elektronischen Klängen dafür, dass man das Board förmlich unter den eigenen Füßen spüren konnte. Abgesehen von dieser Einbildung hört man ohnehin nicht so genau zu, wenn man gerade dabei ist, den Analogstick zu malträtieren und die Fingermuskulatur an ihre Leistungsgrenze zu treiben. Das neue Feature, Lieder erst nach und nach gemäß des Levelfortschritts freizuschalten, wirkt zusätzlich motivierend.
Der hohe Schwierigkeitsgrad, insbesondere in jenen Levels für „Profis“ sorgt für buchstäblich verknotete Finger, es sei denn man ist dem kurzen Trend des Fingerboardens in seiner Jugend gefolgt und hat sich einige Skills bezüglich der eigenen Fingerfertigkeit bis heute bewahrt. Zugute kommen einem sogenannte Manuals, also das Balancieren des Skateboards auf zwei von vier Rollen, die vergleichsweise einfach auszuführen sind und dafür sorgen, dass man endlose Kombos aneinanderreihen und die Punktzahl in ungeahnte Höhen treiben kann – auch mit weniger talentierter Fingerarbeit.
Sämtliche Level mit steigendem Anspruch muss man aber freilich erst durch Abarbeiten zahlreicher Herausforderungen freischalten, sodass selbst sanfte Gemüter gelegentlich aus der Reserve gelockt und zum Zerstören der Hardware animiert werden.
Zur Freude aller Beteiligten kommt hinzu, dass man bei einer verpatzten Landung neuerdings vom Board fallen kann, während man im Vorgänger OlliOlli bei einer misslungenen Landung von einem freundlichen und durch den subtilen roten Hintergrund fett unterstrichenen SLOPPY (zu deutsch: schlampig) belohnt wird, das sich jedes Mal nach einem YOU SUCK anfühlt. Aber wenigstens durfte man anschließend seinen bemitleidenswerten Versuch, den Level zu absolvieren, ohne Unterbrechung fortsetzen.
Das Erfolgserlebnis eines erfolgreichen Levels wertet das bis dahin durchlebte Gefühlschaos und die Opfer natürlich keineswegs auf, die man durch den hohen Zeitaufwand und die schmerzenden Finger erbracht hat. So kann man in kürzester Zeit einen guten Tag zum schlechten werden lassen oder die Folgen einer verkorksten Kindheit zu spüren bekommen. Dies könnte sich in Form von herumfliegenden Gegenständen, die durch eigenes Zutun in diese, ihrer natürlichen physikalischen Begebenheit nicht entsprechenden, Lage gebracht wurden, manifestieren. Bevor das Ganze ödipale Ausmaße annimmt und man sich in einem kindlichen Stadium auf der verzweifelten Suche nach Geborgenheit wiederfindet, sorgt eine kurze Besinnungspause für Entspannung, bevor man sich, den Fokus auf den nächsten Level gerichtet, auf die nächste Odyssee einlässt.
Ein fantastisches Spiel, ohne Witz.
Anschließend – will heißen eine unbestimmte Anzahl von Monden später – ist das Potenzial groß, alte Liebschaften aufflammen zu lassen und gleich zu einer Spieldisc der besagten Tony Hawk-Reihe zu greifen, die seit Jahren ihr ungeliebtes Dasein in einer dunklen Ecke der Spielesammlung fristet.
Natürlich erst, wenn OlliOlli 2: Welcome to Olliwood durchgesuchtet ist.