Wolltet ihr auch schon immer mal ein Geschäftsmann sein, Immobilen verkaufen und schicke 30er-Jahre-Anzüge tragen? Im retrostilistischen Point-and-Click-Adventure A Golden Wake von Wadjet Eye Games könnt ihr genau das! Um ein erfolgreicher Geschäftsmann zu sein, gibt es eine einfache Faustregel: B.I.T.S.
Bleibt das Adventure seiner Philosophie treu und verkauft sich so gut wie der Protagonist Alfie Banks selbst?
Break the ice
Von Anfang an ködert A Golden Wake den Spieler damit, auf realen Fakten zu basieren. Ähnlich wie in der Fernsehserie Boardwalk Empire ist ein Großteil der Figuren ihren realen Charakteren nachempfunden. In der Haut von Alfie Banks erkundet man die fiktionalisierte Geschichte des Florida land booms der 20er Jahre und stößt auf (im deutschsprachigen Raum eher unbekannte) Charaktere wie George E. Merrick oder Thomas „Fatty“ Walsh. Ein Reiz des Spiels besteht also darin, die Geschichte zwar nicht neu zu schreiben, aber zumindest nacherleben zu können.
Introduce yourself
Nicht nur die Geschichte, sondern vor allem die Charaktere laden dazu ein erkundet zu werden. A Golden Wake ist ein charakterbasiertes Spiel. So handelt es hauptsächlich vom Aufstieg und Fall der Spielfigur Alfie Banks. Als Immobilienmakler macht er sich auf nach Miami, um dem Vermächtnis seines Vaters gerecht zu werden. Für den Spieler erstmal eine dröge Motivation, passt sie dennoch gut in die Zeit der 20er und 30er Jahre. Grundlegend werden so auch Alfies Charakterzüge vorgestellt: Er ist ein Geschäftsmann durch und durch, der mit seiner Redekunst immer bekommt, was er will. Die Redekunst ist dabei ein wichtiges Spielelement von A Golden Wake. So gibt es immer wieder die Möglichkeit, Rätsel zu umgehen, wenn der Spieler in einem Minispiel richtig argumentiert. Dabei ist es nicht immer leicht, die richtigen Worte zu finden, da die Argumente nie eindeutig auf die Charakteranalyse passen. Im Fall des Scheiterns – was öfters vorkommen kann – gibt es einen alternativen Lösungsweg, der zum Ziel führt.
Tell a story
Bis die eigentliche Geschichte ins Rollen kommt, braucht A Golden Wake eine Weile. Ein gutes Drittel verwendet das Adventure eben damit sich vorzustellen – zum einen den Charakter von Alfie Banks, zum anderen die verschiedenen Spielelemente, wie die Redekunst oder Actioneinlagen. Erst als Alfie in den Mafia-Mob von „Fatty“ Walsh eintritt, startet die eigentlich motivierende Geschichte. Jedoch kennzeichnet dieser Start auch einen Bruch, denn dass der saubere Geschäftsmann plötzlich ein dreckiger Gangster wird, glaubt Alfie eine ganze Zeit selbst nicht. Der zunächst ausführlich vorgestellte Charakter von Alfie Banks wird durch den plötzlichen Charakterbruch inkohärent, weshalb das Spiel immer wieder mit zeitlichen Ellipsen arbeitet, um sich vor einer wirklichen Charakterentwicklung zu drücken. Diese Unglaubwürdigkeit versucht das Spiel auch mit moralischen Schein-Entscheidungen zu kaschieren, wobei betont werden muss, dass es sich eben nur um einen Schein handelt, denn: Egal wie sich der Spieler entscheidet, der Ausgang der Geschichte bleibt immer gleich.
Sell your pitch!
Auch wenn die Geschichte mit einem Charakterbruch startet, schafft es A Golden Wake sich am Ende zu rehabilitieren, indem es seinen anfänglichen Aufhänger einlöst. Der Spieler durch- und erlebt Geschichte, wie zum Beispiel den Tod von „Fatty“ Walsh im Coral Gables Biltmore Hotel oder den Great Miami Hurricane. Auch Alfies Charakter wird gegen Ende revidiert, indem der Spieler nochmal einen älteren Alfie spielen darf, der für seine Ideale alles opfert. A Golden Wake versucht eine Charakterstudie, was dem Spiel durch die fehlende Charakterentwicklung nur mäßig gelingt. Als ein dramatisiertes Zeitdokument der 20er und 30er Jahre funktioniert das Adventure hingegen sehr gut und löst so zumindest einen Teil seines Versprechens ein.