Basteln und Spielen

Ende April dieses Jahres brachte Nintendo mit den ersten beiden Labo Sets etwas in dieser Form so noch nie Dagewesenes auf den Markt. Mit Hilfe von Pappschablonen können sich Spielende eine Art erweiterten Controller für ihre Nintendo Switch basteln. Hierbei wird entweder der Bildschirm der Konsole selbst oder aber auch die beiden abtrennbaren Joy-Con Controller in die fertig erbauten Papphüllen (die sogenannten Toy-Cons) eingesetzt und durch Bewegung, Nutzung der Infrarotkamera, des Touchscreens, der Knöpfe oder Vibration bedient. Bislang gibt es zum einen das Robo-Set (2018) und zum anderen das Multi-Set (2018). Mit letzterem haben wir uns anlässlich der Veröffentlichung der nun dritten Erweiterung (Fahrzeug-Set) beschäftigt und den Aspekt des Bastelns und Spielens genauer betrachtet.


Dieser Beitrag wurde von unseren Gastautorinnen Cynthia Wolf und Tessa Eigenbrod geschrieben. Die Autorinneninformation befindet sich am Ende des Artikels.


Das Multi-Set bietet, neben der Nintendo Labo Software, Schablonen für fünf verschiedene Toy-Cons. So haben wir ein RC-Auto, eine Angel, ein Motorrad, ein Haus und ein Klavier ganz ohne zu schneiden und zusammenzukleben, sondern durch bloßes Falten, Ineinanderstecken und Benutzen von Schnüren, Plastikringen und Gummibändern gebaut und uns in der folgenden Konversation der Frage „Nintendo Labo – mehr als nur teure Pappe?“ gestellt.

 

Cynthia (C): Hey! Hast du schon mit deinem Teil des Labo-Artikels angefangen? Ich weiß irgendwie gar nicht so genau, worauf ich meinen Schwerpunkt legen soll.

 

Tessa (T): Ich finde, wir sollten den Artikel genau wie den Ablauf bei Labo mit dem Bauen anfangen und danach unsere Spielerfahrung schildern.

 

C: Okay, also beschreiben wir erst mal, wie Labo eigentlich aussieht und funktioniert. Dass die Pappbögen farblich und durch Nummerierung sofort dem jeweiligen Bastel-Set zugeordnet werden können, sollten wir als einen der ersten Punkte anführen. Das ist übersichtlich und wie Labo insgesamt kinderleicht. (Das haben sogar wir hinbekommen und du weißt, wie handwerklich unbegabt wir sind.)

 

T: Ja! Und vergiss nicht, dass die Pappbögen nicht nur die einzelnen Bauteile zum einfachen Heraustrennen enthalten, sondern sogar der ‚Rahmen‘ thematisch gestaltet ist. Davon sollten wir vielleicht auch das ein oder andere Bild hinzufügen (siehe Titelbild).

 

C: Und den Müll konnte man schließlich auch weiter verwerten:

 

T: Sehr kreativ. Jaja, ich sehe schon, Labo muss nicht unbedingt ein Einzelprojekt sein.

 

C: Im Gegenteil! Ich weiß nicht, ob ich allein überhaupt genug Durchhaltevermögen gehabt hätte, um die langen Projekte wie das Klavier oder das Haus zu beenden. Zum Beispiel konnte die zweite Person repetitive Teile wie die Klaviertasten basteln und die Anleitung bedienen. Das war ganz praktisch.

 

T: Und es war durchaus hilfreich, seelische Unterstützung zu haben – wir hatten schließlich oft Angst, irgendetwas kaputt oder falsch zu machen. Die Pappe war insgesamt schon stabil, aber eben als Pappe nicht unzerstörbar.

 

C: Oh ja, teilweise waren wir echt nervös. Aber mit der Zeit ist man da definitiv selbstbewusster geworden und man hat die Pappe weit weniger vorsichtig geknickt – und das hat ja auch geklappt. Im Endeffekt hat jedes unserer Toy-Cons einwandfrei funktioniert.

 

T: Damit habe ich ehrlich gesagt zu Beginn nicht gerechnet. Ich dachte wirklich, wir knicken einmal hier eine Seite falsch oder reißen dort versehentlich etwas ab und machen den ganzen vorherigen Aufwand zu Nichte. Das war definitiv ein Erfolgserlebnis! Und die Anleitung ist eigentlich auch absolut leicht verständlich, es wird schließlich alles Schritt für Schritt gezeigt und man kann dynamisch jederzeit so schnell man möchte vor- und zurückspulen.

Und die süßen Animationen und Geräusche nicht zu vergessen! Die machen die Anleitung schon fast zu einem kleinen Highlight. Aber man merkt doch auch, dass Nintendo Labo direkt eine jüngere Zielgruppe anspricht. Nicht selten fallen Sätze wie „Wenn dir das zu schwierig ist, dann bitte einen Erwachsenen um Hilfe“. Das finde ich ziemlich schade. Natürlich kann man hier sagen, dass Eltern mit ihren Kindern zusammen basteln und Zeit verbringen können, allerdings bezweifle ich, dass meine Eltern zum einen die Zeit am Stück aufwenden würden (einige Projekte können schon etwas länger dauern) und zum anderen Nintendo Labo kaufen, wenn es nur um das gemeinsame Bastelerlebnis geht. Und wir hatten schließlich auch unseren Spaß damit, es ist also nicht exklusiv für Kinder geeignet.

 

C: Das ist ja der Punkt, es geht noch über das bloße Basteln hinaus und gerade das Multi-Set gibt die Essenz der Switch durch seine Vielfältigkeit wieder. Die Konsole selbst ist durch die verschiedenen Modi (Handheld, Tisch und TV) selbst so facettenreich und innovativ wie keine andere mir bekannte und mit Labo hat Nintendo diesen Charakter erneut zum Ausdruck bringen können. Einzig das Wii Wheel, das zusammen mit Mario Kart Wii (2008) verkauft wurde, könnte man mit dem Motorrad vergleichen, doch auch hier gibt es bedeutende Unterschiede. Das Motorrad verfügt über einige weitere Funktionen, wie dem Beschleunigen, wenn man den Lenker dreht. Das Wheel hat man zudem nicht selbst erbaut und durch die Pappe ändert sich die Haptik der Controller, die in einigen der Toy-Cons kaum sichtbar sind. Entsteht hierdurch die Illusion, man spiele gar kein Videospiel? In Bezug auf das Wii Wheel könnte man sagen, dass Nintendo eine ältere Idee recycelt, jedoch in ein neues (Papp-)Gewand mit zusätzlichen Funktionen gekleidet hat.

 

 

T: Wie malerisch. Ansonsten muss ich aber sagen, dass mich die Spiele nicht überzeugen konnten. Sie waren zu Beginn recht unterhaltsam und steigerten natürlich erneut unsere Euphorie, da sie der Beweis waren, dass unsere Bauwerke tatsächlich funktionierten. Aber spielt man länger als eine halbe Stunde, verlieren sie rasch den Reiz. Hinzu kommt, dass wir zu zweit waren. Ich denke, allein wäre mein Interesse vielleicht noch schneller verflogen.

Das RC-Auto war binnen zehn Minuten gebaut und diente mehr als Einstiegsübung. Es kann mittels Vibration auf ebenen Flächen laufen und sich sogar an Licht mit Hilfe der Kamera orientieren. Als Anfang gar nicht mal schlecht.

Das Angeln hat mir auch gefallen, besonders da man seine eigenen Fische kreieren und vereinzelnd tatsächlich zwischen den anderen Tieren im Meer entdecken konnte. Allerdings wurde auch das schnell eintönig, da man ja doch immer nur das Gleiche tut.

Das Gleiche gilt für das Motorrad. Anfangs hat es mir wirklich Spaß bereitet, aber hier zeigt sich ein Problem. Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass es hauptsächlich Kinder und Familien anspricht, mir waren die Rennen beziehungsweise die Konkurrenz jedoch zu leicht. Ich mochte allerdings die Möglichkeit, eigene Strecken zu erstellen. Könnte man diese auch im Multiplayer-Modus fahren, wäre das vielleicht mein Höhepunkt.

 

C: Das ist wirklich verschwendetes Potenzial, aber dafür kann man das Motorrad Toy-Con auch für Mario Kart 8 Deluxe (2017) verwenden! Allerdings zeigt die Freude über diese Funktion, wie begrenzt doch die eigentlichen Spielmöglichkeiten ohne den „Entdecken‘-Modus sind. Das Haus bot zu Beginn mit den verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten der Knöpfe zwar einiges zu entdecken, jedoch sind die Minispiele nicht viel unterhaltsamer als Handy-Apps und für mich kein wirklicher Grund, extra die Switch einzuschalten. Das Klavier war schon abwechslungsreicher, aber darauf wird ja bereits in einem gesonderten Artikel näher eingegangen.

Einen Punkt, den wir auch unbedingt in unserem Artikel erwähnen müssen, ist der Verschleiß der Pappe. Zwar muss man beim Basteln nicht allzu behutsam sein, dennoch hat mich der Gedanke an die Pappe beim Spielen gehemmt. Gerade bei der Angel merkt und hört man, wie einige der Teilchen immer verbrauchter werden. Ersatzteile kann man im US Shop zwar nachbestellen, jedoch ist es um einiges günstiger, sich selbst Pappe zurechtzuschneiden.

Was wollen wir für ein Fazit ziehen?

 

T: Bewertet man Nintendo Labo ausschließlich nach dem Basteln und Spielen, ohne auf den „Entdecken“- oder „Programmieren“-Modus einzugehen, zeigt sich der typische Lego-/ Playmobil-/ Überraschungsei-Effekt. Wie auch immer man ihn nennen möchte, er war in meiner Kindheit sehr prominent. Das Zusammenbauen der Spielzeuge hat mir meist mehr Freude bereitet als das eigentliche Spielen. So erging es mir auch mit Labo. Das Basteln war zu zweit ein lustiger Zeitvertreib und gut machbar, ohne dass einer nur tatenlos nebendran sitzen musste, anders als es beim Ausprobieren der Toy-Cons der Fall war. Die Spiele haben gute Ansätze, die jedoch nicht überzeugend ausgeführt wurden. Labo kann definitiv Spaß machen und ist nicht als bloße Pappansammlung anzusehen, dennoch müsste die Umsetzung noch weiter ausgebaut werden, um mich vollends zu überzeugen.

 


Zu den Autorinnen des Artikels:

Cynthia Wolf begann im Oktober 2015 ihr Bachelor Studium der Medienwissenschaft an der Philipps-Universität Marburg. Seit ihrer Kindheit spielt sie die unterschiedlichsten Arten von Videospielen, weshalb jene natürlich auch einen wichtigen Schwerpunkt ihres Studiums ausmachen. Als Autorin des Pixeldiskurs hat sie nun eine weitere Ausrede, sich eben diesen vermehrt in ihrer Freizeit zuzuwenden und über sie zu schreiben.

Tessa Eigenbrod kam 2015 nach Marburg, um an der Philipps-Universität den Bachelorstudiengang Medienwissenschaft zu beginnen. Als selbst erklärte Nintendo-Enthusiastin zockt sie, seitdem ihr Onkel ihr sein SNES vermacht hat. Sie bleibt auch darüber hinaus über die gesamte Welt der Games auf dem Laufenden und entdeckte (etwas verspätet) den Pixeldiskurs als ideale Anlaufstelle für Games-interessierte Studierende.

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