Gabriel Knight: Sins of the Remake

Am 15. Oktober 2014 erscheint die Neuauflage zu dem weitaus bekannten Point-and-Click-Adventure Gabriel Knight: Sins of the Fathers, das erstmals vor 20 Jahren über die PC-Bildschirme flimmerte. Fängt das HD-Remake die Atmosphäre des Originals ein oder lässt es den Spieler nur die ‚gute alte Zeit‘ vermissen? Im Preview wird geklärt, wie sich das Adventure im Vergleich zu anderen HD-Remakes schlägt und was sonst so neu ist.

Vorab-Geständnis: Ich habe Gabriel Knight noch nie gespielt und weiß nicht einmal wer dieser ominöse Mann überhaupt ist. Zugegebenermaßen fehlt mir also ein gewisses retronostalgisches Verständnis, um das Remake wirklich verstehen zu können. Aber vielleicht ist es auch grade die fehlende Nostalgie, die mich das Spiel ohne Verklärung bewerten lässt.

„Nostalgie ist (…) eine spezielle Form des konstruktiven Erinnerns, sie stellt die Sehnsucht nach einem Ort oder Zustand dar, der so, wie er erinnert bzw. ersehnt wird, nicht mehr vorhanden ist oder niemals existierte. Nostalgisches Sehnen ist damit durch den Verlust des ursprünglichen Objekts der Begierde gekennzeichnet. Man sehnt sich nach etwas zurück, an das man verklärte Erinnerungen besitzt, dabei sind diese memorialen Bilder jedoch kein Garant dafür, dass der ersehnte Zustand jemals auch wirklich so bestanden haben mag. Zugleich ist diese Art des Sehnens und Erinnerns hochgradig selektiv und lässt nur jene Elemente zu, welche mit die Sehnsucht befördern.“[1]

Nostalgie klingt in diesem Zusammenhang zunächst nach etwas Negativem; dass alte Spiele nie so gut waren, wie man sich an sie erinnert – insbesondere aufgrund von technischen Problemen.[2] Remakes setzten aber genau hier an, nutzen die Sehnsucht nach dem Alten aus und beseitigen – idealtypisch – die technischen Probleme. „Dabei integrieren Remakes einerseits (ansatzweise) die zeitgenössischen audiovisuellen Attraktionsmomente des Mainstreams, versuchen aber andererseits das nostalgische wie subkulturelle Potenzial des Originalspiels zu bewahren“.[3]

Retro-Logbuch

Über das Logbuch lässt sich nachvollziehen, wie die Original-Szenen in Gabriel Knight ausgesehen haben.

Wie steht es in diesem Zusammenhang nun mit dem Remake zu Gabriel Knight? Technisch wurde das Spiel kompletterneuert. Die pixeligen 2D-Modelle sind in 3D-Modelle übersetzt worden. Nur über das Logbuch lässt sich noch nachvollziehen, wie das Originalspiel mal ausgesehen hat.  Freilich wird hierdurch versucht, die Nostalgie des Originalspiels einzufangen. Andere HD-Remakes machen das jedoch wesentlich eleganter. Nehme man die Special Edition zu The Secret of Monkey Island: monkey-island-altundneuDort sind die einzelnen Szenen des Originalspiels nicht nur anschaubar, wie in Gabriel Knight, sondern auch spielbar. Jederzeit ist ein Wechsel von alt nach neu möglich, was dem konservativen Potential des Remakes zugutekommt. Auch ist die Umsetzung des Charaktermodells in The Secret of Monkey Island wesentlich geschickter gemacht. Statt sie einfach in 3D zu konvertieren, wurde darauf Wert gelegt den Comic-Stil des Originals beizubehalten. In dem Remake zu Gabriel Knight vermisst man schmerzlich den düsteren Stil des Originals.

GN-altneu

Links das bunte Remake und rechts das düstere Original.

Generell sind die Umgebungen der Neuaufsetzung zu bunt und die Charaktermodelle wirken semi-alt. An zeitgenössische Attraktionsmomente kommt das Remake also nicht heran, wirkt eher als wäre es in den 2000ern steckengeblieben und lässt sein nostalgisches Potential beinahe unausgeschöpft.

Die Vertonung zerstört die Atmosphäre dann letztlich. Insbesondere, dass Gabriels Gedanken durch eine externe Erzählstimme versprachlicht werden, ist sehr gewöhnungsbedürftig. Klar kann es sein, dass bereits im Originalspiel ein solcher Wechsel der Erzählperspektive angelegt ist. Gabriel ist selbst Autor, der über den Fall im Spiel ein Buch schreibt. Da liegt es nicht fern, dass das Spiel als Erzählung gerahmt ist (Mise en Abyme oder popkulturell auch als Inception bekannt). Dennoch wirkt dieser Kunstgriff deplatziert. Auch die Sprachqualität der Vertonung lässt zu wünschen übrig. Gabriel wirkt noch unsympathischer als er ohnehin schon sein soll.

Inhaltlich bleibt die Figur Gabriel Knight, bis auf seine nervige Stimme, unangetastet. Er ist und bleibt ein Unsympath, der kein weibliches Wesen unangetastet lässt und mit seiner stinkenden Harley von A nach B kurvt. Der negative Charakter ist dabei keineswegs unüblich für das Adventure-Genre. Auch in Black Mirror oder dem kürzlich rezensierten Moebius ist eine solche Figur angelegt, die zum einen die düstere Atmosphäre unterstreichen, zum anderen den Charakterwandel bestärken soll. Nicht alle Adventure-Figuren können eben solche Sympathen der ersten Stunde wie Guybrush Threepwood sein.

Die Geschichte des Spiels ist ansonsten weitestgehend unangetastet geblieben. Allerdings kommen einige neue Rätsel hinzu, wodurch eine neue Spielerfahrung generiert werden soll. Dadurch lässt sich schließlich auch erklären, warum kein Wechsel zwischen Remake und Originalspiel, wie in der Special Edition zu The Secret of Monkey Island, möglich ist. Die Original-Szenen aus Gabriel Knight im Logbuch zu veranschaulichen, ist daher keineswegs eine schlechte Idee. Insbesondere die Zitate der Entwickler eröffnen nochmals eine ganz andere Perspektive auf das Original-Spiel. Dennoch wird damit schlussendlich eher die Sehnsucht das Original spielen zu wollen angeregt, anstatt diese mit dem Remake zu stillen.


[1] Felzmann, Sebastian (2010): „Playing Yesterday. Mediennostalgie und Videospiele“, in: Techniknostalgie und Retrotechnologie, hrsg. v. Andreas Böhn, Karlsruhe: KIT Scientific Publ., S. 200.

[2] Vgl. ebd. Beispielsweise es zu schaffen, dass Spiele über DOS laufen.

[3] Beil, Benjamin (2013): „Die Sehnsucht nach dem Pixelklumpen. Retro-Gaming und das populärkulturelle Gedächtnis des Computerspiels“, in: Performativität und Medialität Populärer Kulturen. Theorien, Ästhetiken, Praktiken, hrsg. v. Marcus S. Kleiner, Wiesbaden: Springer VS, S. 328.

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Über Kevin Pauliks

Kevin Pauliks (kp) studierte von 2011 bis 2016 Medienwissenschaft und Soziologie an der Philipps-Universität Marburg. Als Redakteur von Pixeldiskurs hegt er ein besonderes Interesse an Adventure-Games und Serien aller Art.