Begriffe wie agôn, alea, mimicry, ilinx, paidia und ludus durchziehen den Game Studies-Diskurs noch heute. Zurückzuführen sind sie auf den französischen Soziologen Roger Caillois, der in einem seiner Hauptwerke, Die Spiele und die Menschen, im Jahre 1958 eine Kategorisierung der Spiele erarbeitet. In unserem Lesekreis arbeiten wir die besagte Kategorisierung auf.
Außerdem geht es um Genshin Impact, um Rougelites und die neoliberalen Inskriptionen der Social Media-Nutzung.
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Einige Dinge im Bezug auf den Neoliberalismus fand ich viel zu kurz gegriffen. Begriffe wie Stärke, Anpassung, Flexibilität etc haben alleine noch nichts Neoliberales. Sportliche Wettkämpfe oder ähnliches, wo genau diese Attribute gefragt sind, gab es schon immer. Man kann nicht über Neoliberalismus sprechen, ohne die systematischen Strukturen und den Markt an sich zu erwähnen.
Ihr habt aber hauptsächlich über das Individuum gesprochen (vor allem Natascha). Dass man es ja schaffen kann, wenn man sich ja nur genug anstrengt, ist übrigens eine sehr konservative Sichtweise. Dabei wird dann oft vergessen, dass das System so ausgelegt ist, dass es nur sehr wenige schaffen können. Es gibt auch genug Studien darüber welchen Einfluss das Elternhaus auf die Bildung und Aufstiegschancen eines Einzelnen hat (und das hat nichts mit Genetik zu tun).
Zum Thema des Neoliberalismus würde ich aber andere Spiele eher heranziehen wollen. Games as a Service finde ich dahingehend aufschlussreicher. In Fifa Ultimate Team bilden sich zum Beispiel dank Pay2Win ganze 2Klassengesellschaften. Die Gamification in Form eines Punkte-System ist ja schon längst in China angekommen und auch in vielen Spielen zu finden. Große Spiele-Firmen agieren auch nicht viel anders und entwickeln Formeln anhand von Spieler-Data, weswegen viele Spiele immer generischer und gleichförmiger werden.
Oder dass neuerdings nur noch über Buisness-Modelle und Börsenwerte von Spiele-Firmen gesprochen wird. Man ist heute „Gamepass“ -Fan und freut sich, wenn es der Firma an der Börse gut geht, anstatt dass man sich noch intensiv mit dem Medium und dem Design der Spiele an sich auseinandersetzt.
Gerade am Mainstream sieht man schon ganz gut in welcher radikal neoliberalen Zeit wir zurzeit leben. Weiss nicht ob ich Roguelike/lite schon dazu zählen würde.
Vielen Dank für die Kritik und Ergänzung!
Sicherlich waren wir beide auf eine Diskussion über den Neoliberalismus nicht wirklich vorbereitet. Aber ja, ich stimme voll und ganz zu! Tatsächlich bin ich der Auffassung, dass im Grunde der Aufklärung und besonders in der Konstruktion des modernen Individuums eine Unzumutbarkeit sowohl gegenüber dem einzelnen Menschen als auch gegenüber der Gesellschaft steckt; eine Unzumutbarkeit, die sich im Neoliberalismus fortgeführt und zugespitzt findet. Da hat mich die Frankfurter Schule vermutlich nachhaltig geprägt.
Vielleicht ist das ein Thema, das wir zu Beginn der nächsten Folge noch mal mit Kurzstatements aufgreifen können.
Hallo Natascha, hallo Stefan,
vielen Dank für diesen zweiten Lesekreis. In den Kategorisierungen würde ich gerne an Illinx (Rausch) anknüpfen und der Kategorie mehr Bedeutung zugestehen. In euren Sendungen habt ihr die Bedeutung des Flows – des Tätigkeitsrausches – herausgearbeitet, der sich in Spiel, Sport und Tanz zeigen kann. Der Flow ist dann auch Grundlage in der Entwicklung von activity und gameplay loops in Spielen. Dass der Flow dadurch gekennzeichnet ist, dass eine Distanz zum Gegenstand verschwindet und die Reflexion des eigenen Tuns erschwert wird, ist nah bei Caillois, wenn er sagt: „…which consist of an attempt to momentarily destroy the stability of perception…“. In pädagogischen Ansätzen wird dieser Tätigkeitsrausch eher positiv, in Bezug auf digitale Spiele eher negativ verargumentiert. Die Klassifizierung der Gaming Disorder knüpft doch zum Beispiel am ehesten an Ilinx – am Rausch – an. Wie nah sind sich Ilinx und Flow eurer Meinung?
Beste Grüße
Ricer