Pixelmonat Oktober 2015

Um unsere monatliche Rundschau perspektivisch möglichst vielfältig zu halten, wird diese in jeder Ausgabe von einem anderen Autor betreut. Im Oktober fiel das apokalyptische Los auf Stefan, welcher nun denn unsere Fundstücke zusammenfasst.

Von unserer Seite wurde das Thema eSport bislang höchstens randständig behandelt. An fehlender Wertschätzung liegt das allerdings nicht. So soll dieser Monatsrückblick mit einem Portrait des deutschen eSports beginnen. In einer Kurzdokumentation stellt Florian Riesewieck im WDR die Frage: Darf das Sport sein?
Und fast als sei die Antwort eigentlich schon gegeben, stellt die Universität Bayreuth eine neue eSport-Agenda vor. Studierende sollen so ihre motorischen wie kooperativen Fähigkeiten verbessern und an Trainingseinheiten wie Teamspielen teilnehmen können. Alle Informationen zu jenem Projekt findet ihr auf esport.uni-bayreuth.de.


Ab dem 11. November machen die unterschiedlichsten Varianten der Steam Machine den etablierten Konsolen Konkurrenz. Heinrich Lenhardt und Benedikt Plass-Fleßenkämper haben auf Spiegel Online die wesentlichen Eigenschaften jeder Gerätschaft zusammengefasst.
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n Anbetracht der Tatsache, dass zumindest in Deutschland – wie golem.de berichtet – etwa 800.000 Menschen noch in diesem Jahr mit dem Kauf einer Konsole liebäugeln, dürfte das Weihnachtsgeschäft 2015 also von besonderer Relevanz für das ökonomische Gewicht zwischen den Maschinen sein.


Die Archivierung digitaler Spiele ist nach wie vor eine gravierende Hürde für Museen, Bibliotheken und Wissenschaftler. Zumindest in den USA scheint es für das Problem einen Lösungsansatz zu geben. Die US-Kongressbibliothek hat einem Anliegen der Electronic Frontier Foundation (EFF) stattgegeben. Demnach ist es, wie golem.de berichtet, nunmehr gestattet, Spiele, deren Server abgeschaltet wurden, mithilfe von Cracks und Jailsbreaks zum Laufen zu bringen.


Es fluten ja Endless Runners die digitalen Downloadplattformen. Kaum käme es dazu, dass wir einen solchen Titel hier vorstellten. Was man aber ästhetisch von RunZoo auch immer halten mag – die Idee dahinter ist zweifelsohne ambitioniert. Die indiegogo-Kampagne des Studies Bandura Games, überschrieben mit den Worten „Change the World with Games“, zielt darauf ab, insbesondere Kinder zusammenzubringen, die aufgrund sozial-politischer Konflikte auf anderem Wege kaum in Kontakt miteinander kämen. Ein Team aus Israel, Palästina und Amerika erklärt in folgendem Video, wie das funktionieren soll.

Das Ziel der Kampagne von 37.000 US-Dollar ist bereits erreicht. Jetzt bleibt abzuwarten, ob und wie sich die Vision des Studios tatsächlich umsetzen lässt.


Insbesondere im Zuge der Kritik feministischer Theoretiker*innen wie Anita Sarkeesian entbrennen oftmals Diskussionen darüber, ob nun der zweifelhafte Inhalt eines digitalen Spieles einen negativen Einfluss auf Rezipierende auszuüben vermag. Verwandelt mich Super Mario in einen Sexisten, weil Prinzessin Peach stets als passives Objekt nur der Gratifikation meiner Anstrengungen dient? Dabei werden solche Debatten meist so hitzig geführt, dass der Fokus verschwimmt und Überlegungen zur Medienwirkung als persönliche Angriffe interpretiert werden. Innuendo Studios hat sich der kürzlich abermals entflammten Diskussion angenommen und in einem kurzen Video die Kernüberlegungen der Cultivation Theory, welche feministischer Kritik oftmals zugrunde liegt, vorgestellt.


Wie die Indie-Welle kommt und geht und was übrig bleibt von der alternativen Pixelkunst beschreibt Rainer Sigl in seinem Essay Indie ist tot, lang lebe Indie. „In gewisser Weise“, so Sigl, „stellen Indie-Spiele eigentlich nicht mehr die Subkultur, sondern einen neuen, breiten Mainstream dar. Es fällt schwer, angesichts der Qualitätsexplosion in unzähligen Indie-Spielen über die zunehmend verloren gehende Unabhängigkeit allzu traurig zu sein.“


Wer trotz des Engagements zahlreicher Games-Plattformen noch keinen Anschluss an die umgehende Debatte zur Repräsentation der ‚Frau im Spiel‘ gefunden hat, findet auf zeit.de ein kurze Darstellung der Dreh- und Angelpunkte unterschiedlicher Diskurse zu jenem Thema von Maja Beckers. Für Fortgeschrittene dagegen eignet sich besonders die analytische Collage der Metroid-Heldin Samus auf critical-distance.com.
Eine thematisch passende Veranstaltung dazu findet zudem am 05. November an der Universität Kassel statt. Unter dem Titel „More than Games: Gender in Games – Geschlechter-Rollenbilder und Sex in Videospielen“ referiert Nina Kiel, Autorin des Buches „Gender in Games“, mit anschließender Einladung zur Diskussion.


Nach der Abstimmung im Europaparlament zum Thema Netzneutralität weist die Telekom erneut auf ihr Interesse hin, bestimmten Anbietern in der Übermittlung von Datenpaketen Vorzug zu gewähren. spiegel.de berichtet über die Perspektiven der involvierten Branche, inklusive der Videospiel-Industrie.


Polygon berichtet im Rahmen der Coverstory The Secret Developers of the Video Game Industry aus einer oft vergessenen Nische. Wer erscheint in den Credits und wer nicht? Und welche Konsequenzen zieht es nach sich, wenn ein unbekanntes Studio klammheimlich an populären Titeln arbeitet und vertragsgemäß kein einziges Wort darüber verlieren darf?


Abschließend noch zwei Beispiele dafür, wie sehr und wie wenig ernst digitale Spiele genommen werden können:

Ein volltrunkener Elektriker brachte eine halbe Nacht damit zu, in der zombieinfizierten Welt von Dying Light herumzuklettern und die Infrastruktur der Stromversorgung sowie deren Sicherheitsvorkehrungen zu kritisieren. Auf kotaku.com findet ihr die gesammelten – überaus unterhaltsamen – Tweets inklusive einer Stellungnahme des Entwicklerstudios.

Fast kontemplativ erscheint dagegen das Projekt von TheyCallMeConor. In einem zwölfminütigen Zeitraffer spaziert der YouTuber einmal quer durch alle Maps in den Hauptspielen der Grand Theft Auto-Reihe. Spoiler: Der gesamte Spaziergang dauerte 4 Stunden und 40 Minuten.

 

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Über Stefan Heinrich Simond

Stefan Heinrich Simond (shs) publiziert und unterrichtet im Bereich der Game Studies am Institut für Medienwissenschaft der Philipps-Universität Marburg. Er promoviert zur Konstruktion psychischer Krankheiten und psychiatrischer Institutionen in digitalen Spielen, ist Chefredakteur bei pixeldiskurs.de und hostet den wöchentlichen Pixeldiskurs-Podcasts.